Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht der Kassenärztlichen Vereinigung zur Übermittlung von Daten zum Zweck der vertragsärztlichen Abrechnung
Orientierungssatz
1. § 295 Abs. 2 SGB 5 normiert die Verpflichtung zur Übermittlung von konkret benannten Daten für die Abrechnung, unabhängig von der gewählten Berechnungsart nach § 85 Abs. 2 S. 2 SGB 5.
2. Dabei hat der Gesetzgeber den Adressaten der Datenübermittlungsvorschriften im SGB 5 eine Pflicht zur Prüfung der Erforderlichkeit jedes einzelnen Datensatzes nicht auferlegt. Die Daten dürfen nur zum Zweck der Abrechnung von der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelt werden. Diese hat kein Recht, die Datenübermittlung zu verweigern.
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Daten gemäß § 295 Abs. 2 SGB V sowie § 8 Abs. 1 des DTA-Vertrages vom 05.06.2008 bzw. 10.05.2010 ab dem Jahr 2009 an die jeweiligen Klägerinnen zu übermitteln.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Kläger sind…, die Beklagte ist die … in ….gemäß § 77 Abs. 1 S. 1 SGB V.
Die Kläger begehren von der Beklagten die Übermittlung von Daten gem. § 295 Abs. 2 SGB V. Diese Vorschrift lautet: Für die Abrechnung der Vergütung übermitteln die im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern den für jedes Quartal für jeden Behandlungsfall folgende
Daten:
1. Angaben nach § 291 Abs. 2 Nr. 1, 6 und 7,
2. Arzt- oder Zahnarztnummer, in Überweisungsfällen die Arzt- oder Zahnarztnummer des überweisenden Arztes,
3. Art der Inanspruchnahme,
4. Art der Behandlung,
5. Tag der Behandlung,
6. abgerechnete Gebührenpositionen mit den Schlüsseln nach Absatz 1 Satz 5, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden,
7. Kosten der Behandlung,
8. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4.
Seit 1999 haben die Beteiligten in ihrem Gesamtvertrag nach § 83 SGB V eine Abrechnung nach Kopfpauschalen gemäß § 85 Abs. 2 SGB V vereinbart.
Zwischen … der … und …. Den …. gilt der Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern oder im Wege elektronischer Datenübertragung (DTA-Vertrag) vom 05.06.2008 in der geänderten Fassung vom 01.07.2010.
§ 1 Abs. 3 des DTA-Vertrages lautet in beiden Fassungen des Vertrages:
"Die …. übermitteln die nach § 295 Abs. 2 SGB V vorgesehenen Daten an die nach…. Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrages."
In einem Beschluss vom 10.09.2008 hat das Bundesschiedsamt unter Ziffer 2 dem Antrag der … auf Aufnahme einer Protokollnotiz stattgegeben und zu § 1 Abs. 3 DTA-Vertrag festgestellt:
"Soweit andere Vergütungsregelungen als auf der Basis von Einzelleistungsvergütungen gem. § 85 Abs. 2 SGB V durch die Gesamtvertragspartner getroffen werden, kann Abweichendes über Art und Umfang der Datenübermittlung vereinbart werden."
Das Landesschiedsamt traf am 24.08.2010 folgende Entscheidung:
"Das Landesschiedsamt versteht Ziffer 2 des Beschlusses des Bundesschiedsamtes vom 10.09.2008 als Delegation der Vereinbarungskompetenz auf die Beteiligten auf Landesebene, wobei davon ausgegangen wird, dass diese Vereinbarung innerhalb dieses rechtlichen Zusammenhangs schiedsamtsfähig ist."
§ 8 Abs. 1 DTA-Vertrag lautet im Vertrag in der Fassung vom 01.07.2008: "Die übermitteln den jeweiligen … oder den von ihnen beauftragten Stellen im Wege elektronischer Datenübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern die Gesamtrechnung gemäß § 2 Absatz 3 zusammen mit den Daten gemäß § 2 Absatz 1 und § 7 dieses Vertrages."
In der Fassung vom 01.07.2010 lautet die Vereinbarung (Änderungen gegenüber der Vorversion wurden kursiv hervorgehoben):
"Die … übermitteln den jeweiligen … oder den von ihnen beauftragten Stellen im Wege elektronischer Datenübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern die jeweiligen Gesamtrechnungen gemäß den Absätzen 3 der §§ 2 bis 6 dieses Vertrages zusammen mit den jeweiligen Einzelfallnachweisen gemäß den Absätzen 1 der §§ 2 bis 6 dieses Vertrages. Die Datenlieferungen zu den §§ 2 und 4 dieses Vertrages werden jeweils ergänzt um die Lieferung der Daten gemäß § 7 dieses Vertrages."
Eine von der gesetzlichen Regelung bzw. dem DTA-Vertrag abweichende Vereinbarung über Art und Umfang der Datenübermittlung ist zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen.
Am 30. Juli 2010 haben die Kläger Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, die Daten gem. § 295 Abs. 2 SGB V an sie zu übermitteln. Zur Begründung trugen sie vor, sie hätten mehrfach die Übermittlung der Daten für den Gebührentarif 1 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (BEMA Teil 1) gefordert, eine Übermittlung von Daten sei seit dem 1. Quartal 2009 jedoch nicht erfolgt. Der Gesetzgeber habe die Vorschrift des § 295 Abs. 2 SGB V nicht von der vereinbarten Form der Gesamtvergütung abhängig gemacht. Eine solche Vereinbarung zur Abrechnung nach Kopfpauschalen bestehe in vier der 17 bestehenden Bezirken von … in Deutschland. Die drei anderen mit … einer Kopfpauschalenvereinbarung (Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hamburg) wür...