Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten eines Privatgutachtens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten für ein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eingeholtes Privatgutachten können erstattungsfähig sein.

2. Die erstattungsfähige Höhe der Kosten richtet sich nach dem JVEG.

 

Tenor

1. Die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten werden auf 1.548,60 € (i. W. Eintausendfünfhundertachtundvierzig €, 60 Cent) festgesetzt.

2. Die festgesetzten Kosten sind ab 13.10.2006 mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

 

Gründe

Mit Beschluss vom 22.12.2006 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die für das einstweilige Rechtsschutzverfahren zu erstattenden Kosten auf 626,40 € festgesetzt. Dabei hat sie es abgelehnt, die Kosten des Privatgutachtens von Prof. Dr. U, welches die Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorgelegt hat, als erstattungsfähige außergerichtliche Kosten der Antragstellerin festzusetzen.

Mit ihrer am 08.01.2007 beim Sozialgericht eingegangener Erinnerung macht die Antragstellerin weiterhin die Erstattung der Kosten für das Privatgutachten von Prof. Dr. U im Rahmen der außergerichtlichen Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend.

Festzusetzen sind:

1. Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

320,00 €

2. Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 €

3. Auslagenpauschale Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

4. Gutachtenskosten

795,00 €

5. 16 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV-RVG

213,60 €

 1.548,60 €

Nach § 193 Abs. 2 SGG sind Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Erstattungsfähig sind in diesem Rahmen u. a. die Kosten für die Vorbereitung eines Rechtsstreits, wozu ausnahmsweise auch die Kosten für ein Privatgutachten zu zählen sind, wobei im Einzelfall zu prüfen ist, ob das Gutachten nötig oder mindestens für den Ausgang des Rechtsstreits förderlich war (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, § 193 RdNr. 9a). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Kläger für die Begründung des Verfahrens sonst nicht zu schwierigen Fachfragen oder medizinischen Ausführungen der anderen Verfahrensbeteiligten sachkundig Stellung nehmen kann. Die Kosten für ein im Verwaltungsverfahren eingeholtes Privatgutachten sind dagegen grundsätzlich nicht erstattungsfähig (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 193 RdNr. 7a; anders noch die 7. Aufl. 2002, § 193 RdNr. 7a). Die Einholung eines Privatgutachtens im Klageverfahren ist regelmäßig deshalb nicht erforderlich, da das Gericht nach §§ 103, 106 SGG den Sachverhalt von Amts wegen aufklärt und dabei auch eine medizinisch erforderliche Begutachtung veranlasst und zudem dem Kläger in § 109 SGG die Möglichkeit eingeräumt ist, einen Arzt seines Vertrauens durch das Gericht mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen zu lassen.

Anders verhält es sich jedoch in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren, in dem wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit im Regelfall keine medizinische Sachaufklärung durch das Gericht erfolgt. Hat - wie hier - der Leistungsträger im Vorfeld des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch seine Gutachterstelle oder durch den für ihn tätig werdenden Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu komplizierten medizinischen Fragen eine Stellungnahme abgeben lassen, kann der Antragsteller eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dem oft nur dadurch entgegentreten, dass er bereits bei Stellung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz ein Privatgutachten vorlegt. Dies ist jedenfalls dann erforderlich, wenn - wie hier - aufgrund der besonderen Situation (lebensbedrohende Erkrankung der Antragstellerin, Behandlung mit einem Arzneimittel im Rahmen des off-lable-use) medizinische Ermittlungen in einem Hauptsacheverfahren nicht abgewartet werden können. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich auch nicht, dass die Antragstellerin das Gutachten von Prof. Dr. U für das Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren hat anfertigen lassen. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erstattung des Gutachtens (16.03.2006) und Stellung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz (21.03.2006) lässt vielmehr erkennen, dass für die Stellung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz das Gutachten von ausschlaggebender Bedeutung war und daher davon auszugehen ist, dass dieses Gutachten für das einstweilige Rechtsschutzverfahren erstattet worden ist. Daher hat die Antragsgegnerin dem Grunde nach die Kosten für das Privatgutachten zu erstatten.

Allerdings können nicht die gesamten Kosten für das Gutachten angesetzt werden. Der Sachverständige hat gemäß seiner Rechnung vom 16.03.2006 für das Gutachten Kosten in Höhe von insgesamt 1.377,50 € geltend gemacht, die sich wie folgt aufgliedern: Durchsicht der Patientenunterlagen, Literaturrecherche, Diktat, Korrektur - Zeitaufwand ca. 12 Stunden -, 1.000,00 €; Schreibgebühren - 11 Seiten á 12,50 € - 137,50 €, Kopien, Telefonate usw. 50,00 €; 16 % Mehrwertsteuer 190,00 €.

Erstattungsfähig sind jedoch nur die ...

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