Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Anspruchs auf Versorgung mit einem Hörgerät
Orientierungssatz
Die Krankenkassen schulden nach dem Urteil des BSG vom 17. 12. 2009 ihren Versicherten bei der Hörgeräteversorgung die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder. Das bedeutet: sie haben dem Hörgeschädigten das Hörgerät zur Verfügung zu stellen, mit dem der Hörverlust nach dem jeweiligen Stand der Technik am Weitesten ausgeglichen werden kann. Lediglich technische Möglichkeiten, die der Bequemlichkeit dienen, übersteigen das Maß des Notwendigen nach § 33 SGB 5 und fallen deshalb nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Tenor
1. Die Beklagte und Widerklägerin wird verurteilt, an die Klägerin und Widerbeklagte 2.488,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2011 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte und Widerklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für Hörgeräte und ist Mitglied der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHA). Die Beklagte ist Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung und Mitglied des VdeK (zuvor VdAK/AEV). Zwischen dem BIHA und dem VdAK/AEV besteht ein Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen (hier maßgeblicher Stand 01.02.2007). Gegenstand des Vertrages ist die Regelung der Einzelheiten der Versorgung der Versicherten der Ersatzkassen mit neuen Hörsystemen im Rahmen des § 33 Abs. 1 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) und die anschließenden Serviceleistungen durch den Leistungserbringer sowie die Abrechnung der auf den Festbeträgen basierenden Pauschalpreisen für die vertraglich vereinbarten Hilfsmittel und Serviceleistungen im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs. Nach § 3 des Vertrages erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne wirtschaftliche Aufzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen, digital programmierbaren oder volldigitalen Hörsystemen der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Hierzu hält der Leistungserbringer eigenanteilsfreie Angebote zum angemessenen Ausgleich des Hörverlustes bei allen Schwerhörigkeitsgraden vor. Mit der Zahlung der Vergütung nach § 7 des Vertrages ist bei eigenanteilsfreier Versorgung (= ohne wirtschaftliche Aufzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) für den Versorgungszeitraum von 6 Jahren ab dem Datum der Empfangsbestätigung des Hörsystems, die Instandhaltung des Hörsystems, die Lieferung der erforderlichen Otoplastiken sowie die Nachbetreuung abgegolten. Wählt der Versicherte ein das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreitendes Versorgungsangebot mit privatem Eigenanteil, hat der Versicherte die Erklärung gemäß Anlage 4 abzugeben und zu unterschreiben. Die Versorgung des Versicherten (Auswahl und Lieferung des Hilfsmittels) hat zweckmäßig und wirtschaftlich zu erfolgen. Qualität und Wirksamkeit haben dem allgemeinen Stand der medizinischen Kenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 6 Satz 1 des Vertrages). § 11 des Vertrages enthält die Regelung über die Abrechnung. Darin ist in Ziffer 4 aufgeführt, dass die Rechnungslegung durch den Leistungserbringer einmal monatlich zu erfolgten hat. Ziffer 9 dieses Paragraphen betrifft Differenzen und Beanstandungen der Abrechnung. Beanstandungen der Abrechnung sind innerhalb von 6 Monaten Rechnungseingang schriftlich geltend zu machen. Rückforderungen können - auch ohne Einverständnis des Leistungserbringers - mit der nächsten Abrechnung verrechnet werden. Spätere Rückforderungen können dagegen nur mit dem Einverständnis des Leistungserbringers verrechnet werden, es sei, es liegt eine unerlaubte Handlung des Leistungserbringers vor. Verstöße gegen Regelungen des Vertrages können nach § 14 Abs. 1 des Vertrages vom VdeK abgemahnt werden und im Wiederholungsfall zur sofortigen und fristlosen Kündigung des Vertrages gegenüber dem einzelnen Leistungserbringer führen. Schwerwiegende Vertragsverstöße wie die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, der wiederholte Einzug von Aufzahlungen vom Versicherten (Ausnahme: gesetzliche Zuzahlungen) im Rahmen der nach diesem Vertrag als eigenanteilsfrei geregelten Versorgungen oder die Zuwiderhandlung gegen die Regelungen in § 12 berechtigen den VdAK/AEV zur sofortigen und fristlosen Kündigung des Vertrages gegenüber dem einzelnen Leistungserbringer und können auch zum Entzug der Zulassung führen. Strafrechtliche Verfolgung und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bleiben nach den Vorgaben des Vertrages davon unberührt. Nach § 15 des Vertrages kann die Ersatzkasse außerdem bei Verstößen gegen die Vereinbarung über geeignete Maßnahmen befinden. Als geeignete Maßnahme kommen eine Verwarnung und eine Vertragsstrafe bis zu 10.000,00 € in Betracht. Ungeachtet der Maßnahmen nach Abs. 1 und 2 ist der en...