rechtskräftig

 

Nachgehend

LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 28.01.2003; Aktenzeichen L 16 B 92/02 KR ER)

 

Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.07.2002 gegen den Bescheid vom 10.07.2002 anzuordnen, wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verpflichtungsbescheid der Antragsgegnerin.

Sie ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und unterliegt der Aufsicht der Antragsgegnerin. In einer Informationsschrift aus dem Monat April 2001 wies die Antragstellerin ihre Mitglieder unter der Überschrift "Medikamente: Zuzahlung muss nicht sein, Europas erste Internet-Apotheke E garantiert günstige Qualität" darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, bei der genannten Apotheke per Telefon, Internet oder Fax Medikamente zu bestellen, ohne dass Zuzahlungen anfallen würden. Zu dem genauen Inhalt dieser Information wird auf Blatt 20 der Verwaltungsakten Bezug genommen. Diesbezüglich gingen Anfang des Jahres 2002 entsprechende Hinweise bei der Antragsgegnerin verbunden mit der Bitte ein, gegen die Antragstellerin aufsichtsrechtlich vorzugehen. Daraufhin teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass nach ihrer Rechtsauffassung der Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken gegen die §§ 43 Abs. 1 und 73 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) verstoßen würde. Sie bat um Bestätigung, dass in Zukunft die Inanspruchnahme von Internetapotheken durch Versicherte von der Antragstellerin nicht mehr gefördert würde. Eine entsprechende Erklärung gab die Antragstellerin nicht ab, sondern vertrat in einem Schreiben vom 05.04.2002 die Auffassung, ihre Versicherten seien auf Grundlage des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG berechtigt, Arzneimittel aus dem europäischen Ausland zu beziehen. Mit Schreiben vom 29.05.2002 führte die Antragsgegnerin unter nochmaliger Darlegung ihrer Rechtsauffassung eine aufsichtsrechtliche Beratung der Antragstellerin durch und forderte diese erneut zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Ferner kündigte sie an, im Falle der Nichtabgabe der Erklärung einen entsprechenden Verpflichtungsbescheid zu erlassen und die sofortige Vollziehbarkeit dieses Bescheides anzuordnen. Die Antragstellerin wandte im Juni 2002 dagegen ein, der Erlass eines Verpflichtungsbescheides wie auch die Anordnung dessen sofortiger Vollziehung wären rechtswidrig. Vor dem Hintergrund der Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts - insbesondere der Rechtsprechung des EuGH - sei nicht ersichtlich, weswegen den Versicherten der Bezug von Arzneimitteln über Internetapotheken und die Kostenerstattung durch die Krankenkassen verwehrt sein soll, zumal die in der Europäischen Union zugelassenen Apotheken grundsätzlich seriös seien.

Am 10.07.2002 erließ die Antragsgegnerin den angekündigten Bescheid. Darin verpflichtete sie die Antragstellerin, es zu unterlassen, den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden, zu fördern sowie ihren Versicherten apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise zu finanzieren. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet. Dabei stützte sich die Antragsgegnerin auf §§ 89 Abs. 1 Satz 2, 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. In der Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin verstoße durch die Art und Weise ihrer Bekanntmachungen gegen das Gebot der umfassenden und vollständigen Beratungspflicht ihrer Versicherten nach § 1 Satz 3 SGB V. Es werde verschwiegen, dass über Internetapotheken erworbene Arzneimittel nicht finanziert werden dürften. Ferner würde gegen den Grundsatz verstoßen, dass nur solche Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürften, die das geltende Recht beachteten. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil das Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG dem entgegenstehe. Dieses Verbot werde auch entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht durch § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG eingeschränkt. Durch die Nichtabgabe der Unterlassungserklärung werde der Verdacht erhärtet, dass die Antragsstellerin beabsichtige, ihr rechtswidriges Verhalten fortzusetzen. Ein aufsichtsbehördliches Einschreiten sei auch dadurch geboten, dass zwischen den Kassen zwischenzeitlich ein erheblicher Wettbewerb bestehe und alle Kassen gleich behandelt werden müssten. Auch gegen andere Kassen sei zwischenzeitlich eingeschritten worden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides wurde mit der besonderen Bedeutung des Versandhandelsverbotes für die Arzneimittelsicherheit und das Rechtsgut der Volksgesundheit begründet. Dabei komme es nicht darauf an, ob eine einzelne Internetapotheke seriös oder verlässlich sei, sondern auf die Aufrechterhaltung des Versandhandelsverbots als solche...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge