Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Anspruchs des Versicherten auf Ausstellung einer Kündigungsbestätigung seiner Krankenkasse - einstweiliger Rechtschutz

 

Orientierungssatz

1. Die Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz setzt nach § 86b Abs. 2 SGG die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus.

2. Nach § 175 Abs. 4 S. 3 SGB 5 hat die Krankenkasse innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung des Versicherten eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Die Mitgliedschaft kann bei einer Beitragserhöhung der Krankenkasse bis zum Ablauf des auf das Inkrafttreten des der Beitragserhöhung folgenden Kalendermonats gekündigt werden. Dies gilt auch, wenn die Beitragserhöhung die Folge einer Fusion mit einer anderen Krankenkasse ist. Damit ist der zur Bewilligung von Eilrechtsschutz erforderliche Anordnungsanspruch gegeben.

3.Bis zur Ausstellung einer Kündigungsbestätigung ist der Antragsteller an die ursprüngliche Krankenkasse gebunden. Der zur Bewilligung von einstweiligem Rechtschutz erforderliche Anordnungsgrund besteht, weil der Versicherte ohne die Kündigungsbestätigung sein gesetzlich vorgesehenes Wahlrecht nicht ausüben kann und gegen seinen Willen zunächst Mitglied bei seiner ursprünglichen Krankenkasse bleiben muss.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller unverzüglich eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Der Antragsgegnerin werden die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auferlegt; sonst sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Antragsteller war Mitglied der Taunus BKK, die am 01.04.2004 mit der BKK Braunschweig fusionierte. Daraus ging die Antragsgegnerin hervor. Der allgemeine Beitragssatz der BKK Taunus betrug 12,8 v.H., der der BKK Braunschweig 15,2 v.H Der Beitragssatz bei der Antragsgegnerin beträgt seit dem 01.04.2004 13,8 v.H.

Der Antragsteller kündigte wegen des höheren Beitragssatzes die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin (§ 175 Abs. 4 S. 2 Buch V des Sozialgesetzbuches - SGB V -). Diese Sonderkündigung wies die Antragsgegnerin mit der Begründung zurück, durch die Fusion der U BKK mit der BKK C sei eine neue Krankenkasse entstanden und ein neuer Beitragssatz sei festgelegt worden; der Antragsteller sei an sein Wahlrecht nach § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V vorerst gebunden.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz: Das Sonderkündigungsrecht bei Beitragserhöhungen sei eingeführt worden, um den Wettbewerb der verschiedenen Krankenkassen zu erleichtern; ob Beiträge erhöht würden oder nicht bestimme sich nach dem Beitragssatz; die formale Sicht der Antragsgegnerin unterlaufe und verzerre den vom Gesetzgeber erwünschten Wettbewerb, in dem sie zunächst mit einem sehr günstigen Beitragssatz auf Kosten anderer Kassen um neue Mitglieder werbe und ihr Abwandern wegen einer notwendigen Beitragserhöhung verhindere, indem sie sich zum passenden Zeitpunkt mit einer anderen Kasse zusammenschließe. Ein Anordnungsgrund für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung liege vor, da dem Antragsteller ein Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar sei, diese werde nach Lage der Dinge mehr Zeit in Anspruch nehmen, als der Antragsteller auch nach Auffassung der Antragsgegnerin noch an die Mitgliedschaft bei ihr gebunden sei.

Der Antragsteller beantragt schriftlich,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, dem Antragsteller unverzüglich eine Kündigungs-bestätigung zum 30.06.2004 auszustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch; die U BKK habe die Beiträge nicht erhöht, sondern erstmalig festgesetzt; dazu würden. zwar verschiedene Rechtsauffassungen vertreten, es gebe aber keine gesicherte Rechtsprechung; keinesfalls sei wahrscheinlich, dass dem Antragsteller der zu sichernde Anspruch zustehe; für ihn spreche auch kein Anordnungsgrund, es drohe kein wesentlicher Nachteil; der höhere Beitrag sei gering und könne bei Obsiegen in der Hauptsache ausgeglichen werden.

Der nach § 86 b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Antrag ist begründet. Einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis sind zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass des Antragstellers neben einer Eilbedürftigkeit einen Anordnungsanspruch geltend machen kann, nämlich ein Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln,

Zunächst hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch. Sein Anspruch auf Ausstellung einer Kündigungsbestätigung richtet sich nach § 175 Abs. 4 S. 3 SGB V. Danach hat die Krankenkasse dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Der Antragsteller hat ein Sonderkündigungsrecht geltend gemacht. Bei summarischer Prüfung ist er dazu ...

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