Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch bzw. Anfechtungsklage gegen einen Beitragsbescheid
Orientierungssatz
1. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Anfechtungsklage entfällt nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen. Solange die Rechtmäßigkeit für die Vergangenheit wirkender Equal-pay-Ansprüche beschäftigter Leiharbeitnehmer und daran gekoppelter sozialversicherungsrechtlicher Beitragsnachforderungen noch nicht hinreichend feststeht, ist auf Antrag einstweiliger Rechtsschutz durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen den ergangenen Beitragsnachforderungsbescheid zu gewähren.
2. Zur Frage der Rückwirkung höchstrichterlicher Entscheidungen im Beitragsrecht hat das BSG in seiner Entscheidung vom 18. 11. 1980 klargestellt, dass eine nachträgliche Forderung von noch nicht verjährten Beiträgen nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein kann. Das bedeutet, dass dem Beitragsschuldner bis zur Bekanntgabe der Rechtsprechung durch die zuständige Verwaltungsstelle Vertrauensschutz zuzubilligen ist (Vergleiche: BSG, Urteil vom 18. November 1980, 1 RK 59/79.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 08.03.2012 gegen den Bescheid vom 13.02.2012 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 7.433,14 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um eine Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt EUR 29.732,54. Die Antragstellerin ist ein in der Vermittlung von Leiharbeitnehmern tätiges Dienstleistungsunternehmen. In der streitgegenständlichen Zeit 01.12.2005 bis 31.12.2009 verwies die Antragstellerin in den Arbeitsverträgen von ihr entliehener Arbeitnehmer auf die mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleistungsunternehmen (AMP) abgeschlossenen Tarifverträge. Mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, juris) bestätigte das Bundesarbeitsgericht (BAG) auf Antrag von Ver.di und dem Land Berlin die vorinstanzlich durch das Arbeitsgericht Berlin (Beschluss v. 1.4.2009, 35 BV 17008/08) und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss v. 7.12.2009, 23 TaBV 1016/09) festgestellte Tarifunfähigkeit der CGZP. In der Folge führte die Deutsche Rentenversicherung bei den betroffenen Zeitarbeitsunternehmen Betriebsprüfungen durch, so auch bei der Antragstellerin. Zu dem Ergebnis fand am 16.11.2011 eine Schlussbesprechung bei der Antragstellerin statt. Mit Bescheid vom 13.02.2012 erhob die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin bezogen auf den Prüfungszeitraum eine Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 29.732,54. Die angewandten Tarifverträge seien unwirksam, daher stünde den betroffenen Arbeitnehmern derselbe Lohn wie der Stammbelegschaft zu (equal pay Ansprüche) mit der Konsequenz entsprechend höherer Beiträge zur Sozialversicherung. Hiergegen legte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 08.03.2012 Widerspruch ein. Zugleich bat sie die Antragsgegnerin um Aussetzung der Zwangsvollstreckung. Mit ihrem am 16.03.2012 bei Gericht eingegangenen Eilantrag macht die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen den Beitragsbescheid vom 13.02.2012 geltend. Es bestünden erhebliche Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit der erhobenen Forderung. Das BAG habe die Tarifunfähigkeit mit Wirkung vom 14.12.2010 nur gegenwarts- und antragsbezogen festgestellt, eine Rückwirkung sei daraus nicht abzuleiten. Rückwirkende Folgen aus dem Beschluss herzuleiten verstoße gegen Art 20 Abs 3 GG. Die Antragstellerin habe auf die Wirksamkeit der zwischen dem AMP und der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Im Übrigen sei die Forderung verjährt bzw. sogar verwirkt. Vorhergehende Betriebsprüfungen für denselben Zeitraum stünden einer erneuten Überprüfung entgegen, insbesondere habe die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 08.06.2009 bestandskräftig für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2008 festgestellt, dass Versicherungspflicht und beitragsrechtliche Beurteilung der Entgelte in den geprüften Fällen zutreffend beurteilt worden seien. Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 08.03.2012 gegen den Bescheid vom 13.02.2012 anzuordnen. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie verweist zur Begründung auf entsprechende Beschlüsse des SG Duisburg in den Verfahren S 37 R 5/12 ER und S 34 R 1554/11 ER sowie den Beschluss des SG Hamburg in dem Verfahren S 11 R 1354/11 ER. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist zulässig und begründet. Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das ...