Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung bei Erwerbsminderung. kostenloses Mittagessen in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Einkommenseinsatz
Orientierungssatz
Das einem Bezieher von Leistungen nach § 54 SGB 12 in einer Werkstatt für behinderte Menschen gewährte kostenlose Mittagessen ist als Einkommen gem § 82 SGB 12 auf die Leistungen nach §§ 41ff SGB 12 anzurechnen.
Tenor
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 12.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2006 verurteilt, dem Kläger für die Zeit von Januar bis Dezember 2006 Leistungen der Grundsicherung unter Anrechnung eines Betrages in Höhe von lediglich 47,52 Euro monatlich für das in der Werkstatt für behinderte Menschen eingenommene Mittagessen als Einkommen zu gewähren.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte zu 1/10.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die bedarfsmindernde Anrechnung des Mittagessens, das er in einer Werkstatt für behinderte Menschen einnimmt, als Einkommen.
Der Kläger wurde ... 1968 geboren und lebt im Haushalt seiner Eltern. Er verfügt über einen Schwerbehindertenausweis, der einen Grad der Behinderung - GdB - von 100 und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen "G", "B", "H" und "RF" ausweist. Der Kläger arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen und erzielt dort ein entsprechendes Arbeitsentgelt. Im Dezember 2002 stellte er erstmals einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen. Ab Januar 2003 wurden ihm entsprechende Leistungen bewilligt. Dabei wurde das in der Werkstatt gereichte Mittagessen als Sachbezug mit einem Betrag in Höhe von zunächst 55,00 Euro pro Monat als Einkommen angerechnet. Ab Januar 2005 wurde für das Mittagessen ein Betrag in Höhe von 52,20 Euro als Einkommen/Sachbezug angerechnet.
Mit Bescheid vom 12.12.2005 wurden dem Kläger für den Bewilligungszeitraum von Januar 2006 bis Dezember 2006 Leistungen der Grundsicherung bewilligt. Dabei wurde das in der Werkstatt für behinderte Menschen eingenommene Mittagessen wiederum als Einkommen/Sachbezug mit einem Betrag von 52,20 Euro pro Monat berücksichtigt. Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die Berücksichtigung des Mittagessens als Einkommen sei nicht zulässig. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2006 zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, zum Einkommen gehörten alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Geldwert seien auch die Natural- und Sachbezüge. Die Einnahme des Mittagessens sei ein geldwerter Vorteil, der es rechtfertige, den im Regelsatz bereits enthaltenen Betrag für das Mittagessen entsprechend zu kürzen.
Der Kläger hat am 04.05.2006 Klage erhoben. Er vertritt die Auffassung, das Mittagessen dürfe nicht als Einkommen angerechnet werden, da es sich insoweit um eine Leistung nach dem Sozialgesetzbuch 12. Teil - SGB XII - handele und Leistungen nach dem SGB XII nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien. Auch eine Kürzung des Regelsatzes komme insoweit nicht in Frage. Die Regelung, dass die Bedarfe abweichend festgelegt werden könnten, sei bei Leistungen der Grundsicherung nicht anwendbar. Zudem könne die Bedarfsposition Ernährung nicht aus dem Regelsatz herausgelöst werden. Schließlich sei eine häusliche Ersparnis nicht gegeben. Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit von Januar bis Dezember 2006 Leistungen der Grundsicherung ohne Anrechnung des in der Werkstatt für behinderte Menschen eingenommenen Mittagessens als Einkommen zu gewähren.
Für die Beklagte, deren Prozessbevollmächtigter nach dem vorliegenden Empfangsbekenntnis am 04.09.2006 von dem Termin benachrichtigt worden ist, ist in dem Termin niemand erschienen. Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte den Rechtsstreit in dem Termin am 10.10.2006 entscheiden, obwohl für die Beklagte niemand erschienen ist. Dies folgt aus § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist in der Terminsmitteilung auf die Möglichkeit einer solchen Verfahrensweise ausdrücklich hingewiesen worden.
Die Klage ist zulässig, aber im wesentlichen nicht begründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 12.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2006 lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Er hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ohne Anrechnung des in ...