Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragspflicht zur Rentenversicherung verstößt nicht gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht. Sozialstaatsgebot. Festsetzung des Beitragssatzes
Orientierungssatz
1. Die rein abstrakte Gefährdung der Lohnersatzfunktion der Rente aufgrund der allgemeinen Entwicklung der Rentenfinanzierung fällt nicht in den Schutzbereich des GG (so auch BSG vom 17.12.1985 - 12 RK 38/83 = SozR 2200 § 1385 Nr 15).
2. Verfassungsrechtlich besteht keine Verpflichtung, Leistungen in der Kindererziehung der Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung gleichzusetzen.
3. Die Auferlegung von Geldleistungspflichten, z. B. durch die Beitragspflicht zur Sozialversicherung, stellt keinen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Beitragssatz nicht zu einer "erdrosselnden Wirkung" iS einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse des Betroffenen führt.
4. Das Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG stellt nur eine Staatszielbestimmung dar, die Art und Weise der finanziellen Ausgestaltung obliegt dem weitgehenden Gestaltungsermessen des Gesetzgebers.
5. Die Rechtsnatur der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung steht der Anwendbarkeit des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG nicht entgegen. Diese sind keine Sonderabgaben iS der Finanzverfassung.
6. Eine eventuelle Rechtswidrigkeit innerhalb des Rechtes der Leistungserbringung aus der gesetzlichen Rentenversicherung wirkt sich nicht auf die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung aus.
7. Bei der Festsetzung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Verordnungsgeber darauf zu achten, daß die voraussichtlichen Beitragseinnahmen ausreichen, um die voraussichtlichen Ausgaben des auf die Festsetzung folgenden Kalenderjahres zu decken. Bei der notwendigen Schätzung hat der Verordnungsgeber nur von den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen, wie sie im Zeitpunkt der Schätzung, dh im Vorjahr, vorliegen. Ein dementsprechend festgesetzter Beitragssatz ist und bleibt rechtmäßig, unabhängig von einer späteren Änderung in der Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse.
8. Die Beitragspflicht verstößt auch nicht gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere nicht gegen die Art 59ff und 85ff EGVtr.
Nachgehend
Fundstellen