Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Umfang der Mitwirkungspflicht des Hilfeempfängers. Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen. richtige Klageart gegen einen Ablehnungsbescheid in Bezug auf die Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Entscheidung durch Gerichtsentscheid als Befangenheitsgrund
Orientierungssatz
1. Jedenfalls bei einem erstmaligen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende wird die Pflicht zur Mitwirkung durch den Hilfebedürftigen nicht schon dadurch verletzt, dass er Kontoauszüge nicht mehr vorlegen kann, da er diese bereits vernichtet hat.
2. Gegen einen Ablehnungsbescheid in Bezug auf die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, bei dem die Versagung der Leistung aufgrund fehlender Mitwirkung des Hilfebedürftigen erfolgt, ist allein die Anfechtungsklage die statthafte Klageart. Dagegen scheidet eine mit der Anfechtungsklage verbundene Geltendmachung der Leistung aus. Dies gilt jedenfalls, solange die Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch des Hilfebedürftigen auf Grundsicherungsleistungen nicht durch den Leistungsträger vollständig festgestellt wurden.
3. Allein der Umstand, dass ein Sozialgericht von der Möglichkeit Gebrauch macht, ein Klageverfahren durch Gerichtsbescheid zu beenden, begründet für sich genommen noch nicht die Besorgnis der Befangenheit.
Tenor
Das mit Schreiben vom 18.1.2016 erneut gestellte Gesuch des Klägers, die Vorsitzende der 31. Kammer – Richterin am Sozialgericht Dr. Z.– wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unzulässig verworfen.
Der Bescheid vom 09.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/3.
Tatbestand
Im Streit stehen vorliegend Leistungen nach dem SGB II.
Der Kläger bezog bis zum 29.10.2011 Arbeitslosengeld I von der Agentur für Arbeit. Am 25.10.2011 beantragte er beim Beklagten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Er reichte zusammen mit seinem Antrag unter anderem einen Kontoauszug für 2010 der BHW Bausparkasse, Kontoauszüge seines Kontos bei der der Commerzbank E. vom 29.9.2011, 28.10.2011, 2.11.2011 (Auszugsnummern 44,49 und 51) und Kontoauszüge seines Kontos bei der der N...bank vom 1.9.2011, 28.10.2011, 2.11.2011 (Auszüge Nr. 1,4, 6) ein. Mit Mitwirkungsschreiben vom 3.11. 2011 forderte der Beklagte den Kläger auf, bis zum 20.11.2011 u.a. lückenlose Kontoauszüge sämtlicher Konten ab dem 25.7.2011, einen Kontoauszug der BHW-Bausparkasse von 2011, eine schriftliche Bestätigung der Zusatzversorgungskasse (VBL), welche Beiträge der Arbeitgeber und welche Beiträge der Kläger freiwillig bzw. zusätzlich gezahlt habe, sowie Kreditabrechnungen ab dem 25.7.2011 einzureichen.
Der Kläger reichte daraufhin unter anderem eine Finanzübersicht der Commerzbank vom 17.11.2011 ein, ferner ein Schreiben der VBL vom 17.11.2011. Hinsichtlich der angeforderten Kontoauszüge erteilte der Kläger dem Beklagten seine Zustimmung, die entsprechenden Informationen für den Zeitraum vom 25.7.2011 bis zum 25.10.2011 selbst einzuholen. Mit Mitwirkungsschreiben vom 22.11.2011 forderte der Beklagte den Kläger erneut zur Mitwirkung auf. Mit Schreiben vom 25.11.2011 verwies der Kläger auf die von ihm erteilte Zustimmung zur Einholung von Kontoauszügen.
Mit streitgegenständlichem Versagungs-/Entziehungsbescheid vom 9.12.2011 versagte der Beklagte Leistungen zur Grundsicherung ab dem 25.10.2011 ganz. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die fehlenden Unterlagen/Nachweise, welche mit Schreiben des Beklagten vom 3.11.2011 angefordert worden seien und für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zwingend benötigt würden, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vollständig vorgelegt worden seien. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Bei der Entscheidung habe der Beklagte von dem ihm zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 3.1.2012 und 25.6.2012, eingegangen beim Beklagten am 5.1.2012 bzw. 26.6.2012, Widerspruch ein. Am 5.1.2012 stellte der Kläger zudem einen Eilantrag beim Sozialgericht Köln (Az: S 19 AS 42/12 ER). Das Gericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27.1.2012 ab. Gegen den Beschluss legte der Kläger Beschwerde ein. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens legte der Kläger unter anderem einen Kontoauszug der BHW Bausparkasse für das Jahr 2011 vor. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) holte von der N...bank sowie der Commerzbank Kontoauszüge bzw. Kontoverdichtungen für die Zeit ab 25.7.2011 sowie eine Kreditkartenumsatzanzeige ein. Mit Beschluss vom 31.5.2012 (L 7 AS 330/12 B ER) verpflichtete das LSG NRW den dortigen Antragsgegner und hiesigen Beklagten, dem Antragsteller und hiesigen Kläger vorläufig für den Zeitraum vom 5.1.2012 bis 30.6.2012 Leistungen für Kosten der Unterkunft i.H.v. 400 ...