Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17.02.22 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.22 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird endgültig auf 300 € festgesetzt.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung einer Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)

Die Klägerin ist Trägerin eines gemäß § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses, in dem der bei der Beklagten versicherte ... (nachfolgend D genannt) vom 02.06.2021 als 05.06.2021 vollstationär behandelt wurde. Die Rechnung der Klägerin für diesen Behandlungsfall ging mittels elektronischen Datenträgeraustauschs am 11.06.2021 bei der Beklagten ein und wies einen Betrag in Höhe von 2 366,22 € aus.

Die Beklagte beglich die Rechnung und beauftragte wegen Zweifeln an der ordnungsgemäßen Rechnungslegung am 17.09.2021 den M. D. N. (MD) mit einer Prüfung der Abrechnung. Die Prüfanzeige des MD vom 21.09.2021 ging am 24.09.2021 bei der Klägerin ein. In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 14 02 2022 kam der MD zu dem Ergebnis, die vollstationäre Krankenhausbehandlung des D hätte um zwei Tage verkürzt werden können, woraus sich ein geringerer Vergütungsanspruch ergab. Die Beklagte traf daraufhin am 17.02.2022 eine leistungsrechtliche Entscheidung, die der Klägerin am 19.02.2022 zuging, und forderte von der Klägerin unter Bezugnahme auf das Gutachtenergebnis eine Rechnungskorrektur an. Die Klägerin übersandte der Beklagten unter dem 02.03 2022 eine korrigierte Schlussrechnung über den Betrag von 1.464,91 €.

Mit Bescheid vom 17.02.2022 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin „auf Grundlage ihrer leistungsrechtlichen Entscheidung vom 17.02.2022 eine Aufschlagszahlung nach § 275c Abs. 3 SGB V in Höhe von 300 € fest. Zur Begründung führte sie aus die bundeseinheitliche, quartalsbezogene Auswertung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen habe für das Haus der Klägerin eine Prüfquote nach § 275c Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB V von 10 % ermittelt. Danach sei gemäß § 275c Abs. 3 Nr. 1 SGB V von der Klägerin neben der Rückforderung des geminderten Rechnungsbetrages ein Aufschlag in Höhe von 25 % des Differenzbetrages zwischen ursprünglicher Rechnung und geminderter Abrechnung zu zahlen. Der Aufschlag betrage jedoch mindestens 300 € und höchstens 10 % des auf Grund der Prüfung durch den MD geminderten Abrechnungsbetrages. Der ursprüngliche Rechnungsbetrag habe 2.366,22 € und der geminderte Abrechnungsbetrag 1.464,91 € betragen, so dass sich ein Minderungsbetrag von 901,31 € ergebe. Der oben genannte, festgesetzte Aufschlag entspreche daher 25 % des Minderungsbetrages.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 02.03.2022 Widerspruch und vertrat die Auffassung, der Bescheid sei rechtswidrig, da die Regelung des § 275c Abs. 3 SGB V auf den Behandlungsfall des D keine Anwendung finde. Für den zeitlichen Anknüpfungspunkt der Aufschlagsregelung des § 275 Abs. 3 SGB V komme es nicht auf das Datum des Zugangs der leistungsrechtlichen Entscheidung an, sondern auf das Datum der Krankenhausaufnahme ab 01.01.2022, hilfsweise das Datum des Rechnungszugangs ab 01.01.2022, äußerst hilfsweise das Datum der Prüfeinleitung durch den MD ab 01.01.2022. Dies ergebe sich u.a. aus dem untrennbaren sachlichen Zusammenhang zwischen dem Aufschlag und der quartalsbezogenen Prüfquote, für welche erst ab dem 01.01.2022 unterschiedliche Prozentsätze gelten würden. Zudem sei das Datum der Krankenhausaufnahme in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der maßgebliche zeitliche Anknüpfungspunkt hinsichtlich der für einen Behandlungsfall geltenden Rechtslage. Nach der Präambel der Übergangsvereinbarung vom 10.12.2019 der D. Krankenhausgesellschaft und des GKV Spitzenverbandes zur Prüfverfahrensvereinbarung vom 03.02.2016 sei auf den Zugang der Krankenhausabrechnung bei der Krankenkasse abzustellen. Selbst wenn unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16.07.2020 (B 1 KR 15/19) zur Aufwandspauschale das Datum der Prüfeinleitung durch den MD maßgeblich wäre, sei der Bescheid rechtswidrig. Im streitigen Behandlungsfall lägen alle zeitlichen Anknüpfungspunkte im Jahr 2021. Eine Verschiebung zum Datum der leistungsrechtlichen Entscheidung sei nicht begründbar und die anderslautenden Stellungnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 13.10.2021 und 24.11.2021 seien rechtsunverbindlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2022 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück und nahm Bezug auf die Stellungnahmen des BMG, nach denen der maßgebliche zeitliche Anknüpfungspunkt für die Auferlegung von Aufschlägen nach § 275c Abs. 3 SGB V die leistungsrechtliche Entscheidung der Krankenkasse sei, da das Ergebnis der MD-Prüfung mit der leistungsrechtlichen Entscheidung gegenüber dem Krankenhaus wirksam werde. Hingegen gebe es keinen Bezug zum Datum der Aufnahme der Patienten, dem Datum der Rechnungsstellung oder des Rechnungse...

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