Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingliederungshilfe: Übernahme der Kosten einer Kraftfahrzeugreparatur
Orientierungssatz
1. Die Übernahme der Reparaturkosten eines Kraftfahrzeuges ist als Eingliederungshilfe möglich, wenn der schwerbehinderte Mensch wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung des Kraftfahrzeuges angewiesen ist oder angewiesen sein wird.
2. Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe ist nicht anspruchsvernichtend.
3.Vorrangige Aufgabe des Kenntnisgrundsatzes nach § 18 Abs. 1 SGB XII ist es nicht, Leistungen für die Vergangenheit auszuschließen, sondern ein rechtzeitiges Eingreifen des Sozialhilfeträgers auch ohne Antrag zu gewährleisten. Kenntnis des Sozialhilfeträgers braucht sich nur auf den Bedarf und die Hilfebedürftigkeit beziehen und nicht auf die Höhe der zu erbringenden Leistung.
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 verurteilt, über die Übernahme der Reparaturkosten hinsichtlich des vom Kläger genutzten PKW Ford Tourneo Connect erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von PKW-Reparaturkosten als Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des Sozialgesetzbuches, Zwölftes Buch (SGB XII).
Der am 07.07.1981 geborene Kläger ist erheblich körperlich behindert und leidet ferner unter einer geistigen Retardierung. Er ist auf die Benutzung eines Rollstuhls mit Kopfstützen angewiesen. Von der Pflegekasse ist er in die Pflegestufe III eingeordnet. Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe nach dem SGB XII werden vom Beklagten im Rahmen eines vorläufigen persönlichen Budgets erbracht, die Versorgung erfolgt durch die Mutter und durch Assistenten. Der Kläger besucht ferner eine Werkstatt für behinderte Menschen, hat viele Freunde und nimmt gerne an Freizeitveranstaltungen teil. Durch Bescheid vom 23.01.2014 wurde ihm durch den Rhein-Sieg-Kreis eine Mobilitätsbeihilfe in Höhe von 1.070,00 Euro im Monat bewilligt, 570,00 Euro Betreuungskosten, 500,00 Euro Fahrtkosten. Im Dezember 2005 und Januar 2006 wurden vom Beklagten die Kosten des Umbaus eines von der Familie des Klägers gekauften PKW bewilligt. In den Jahren 2008, 2009 sowie 2011 wurden jeweils kleinere Reparaturkosten vom Beklagten übernommen. Im April 2014 beantragte die Mutter des Klägers die Übernahme von Reparaturkosten für verschiedene Maßnahmen in Höhe von mehr als 4.000,00 Euro. Eine Rechnung vom 10.04.2014 lautet über 2.445,61 Euro. Eine Rechnung vom 19.11.2013 wies Kosten von 346,59 Euro aus, eine Rechnung vom 29.05.2013 497,66 Euro und eine Rechnung vom 13.12.2012 891,75 Euro.
Durch Bescheid vom 23.04.2014 wurde der Antrag abgelehnt. Der Beklagte legte im Wesentlichen dar, dass die Rechnungen bereits beglichen seien. Ferner könne die Notwendigkeit eines PKW nicht anerkannt werden.
Mit dem Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, dass es sich bei seinem Rollstuhl um eine Sonderanfertigung mit Kopfstützen handele, da er sonst seinen Kopf nicht halten könne. Er könne nur im Rollstuhl sitzend transportiert werden. Sie wohnten in einer kleinen Siedlung, 2 km von S entfernt. Es bestehe keine Busverbindung. Einmal pro Woche nehme er Taxifahrten nach Siegburg zum Kulturcafe oder zum Kino nach Köln in Anspruch, dabei würde die Beihilfe des Rhein-Sieg-Kreises aufgebraucht. Die Fahrt zum nächsten rollstuhlgerechten Kino in Köln koste 190,00 Euro. Die Fahrt zum Kulturcafe 95,00 Euro. Das Dorf, in dem sie lebten, habe nur 10 Häuser. Für jede Erledigung sei das Auto notwendig.
Durch Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 wurde der Widerspruch des Klägers jedoch zurückgewiesen. Die Beklagte legte im Wesentlichen dar, dass Sozialhilfe nicht rückwirkend gewährt werden könne, sondern erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers, sogenannter Kenntnisgrundsatz. Er habe Kenntnis vom Bedarf erst nach Auftragsvergabe und Begleichung der Rechnungen gehabt.
Mit der am 29.04.2015 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Kläger betont weiterhin, dass er den PKW benötige, um im gewünschten Umfang an dem Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Seine Familie habe noch einen weiteren PKW. Der Ford Tourneo Connect werde speziell für ihn benutzt. Er nutze das Auto 5- bis 6-mal die Woche, in letzter Zeit meistens mit seinen Assistenten. Zum Beispiel würden aktuell Weihnachtsmärkte besucht und Freunde. Er fahre aber auch zum Einkaufen mit. Eine vorherige Genehmigung der Reparaturkosten sei nach seiner Auffassung nicht notwendig gewesen. Auch das Einholen von Kostenvoranschlägen sei nicht sinnvoll gewesen. Die Hauptreparaturkosten hätten sich erst während des Werkstattbesuches herausgestellt.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.04.2014 in der Fassung des Widerspruchbesche...