Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Voraussetzung der Übernahme von Kosten für zahnärztliche Behandlungen im Ausland als Sozialhilfeleistungen
Orientierungssatz
Wird aufgrund eines Hilfebedarfs für im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige Sozialhilfe für Deutsche im Ausland gewährt (hier: Spanien), so umfasst die Hilfegewährung schon dem Grunde nach nur die Übernahme solcher Ausgaben für zahnärztliche Behandlungen, die im Aufenthaltsland von der dortigen gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Dabei gehen jedoch Leistungen, die durch das öffentliche Gesundheitssystem des Aufenthaltsstaates erbracht werden, der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers vor. Aus der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers scheiden insoweit auch solche Leistungen aus, deren Kostenübernahme im gesetzlichen Gesundheitssystem des Aufenthaltsstaates ausgeschlossen ist, selbst wenn diese im deutschen Krankenversicherungssystem als Kassenleistung übernommen würden.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme von Kosten für zahnärztliche bzw. kieferorthopädische Behandlungen.
Die Klägerin zu 1) ist die Mutter der am 00.00.1992 geborenen Klägerin zu 2). Die Klägerin zu 1) lebt mit Ehemann und der zweiten minderjährigen Tochter seit 2005 fortlaufend auf J. Die inzwischen volljährige Klägerin zu 2) lebte bis Ende 2010 mit der Klägerin zu 1) und der Familie in einem Haushalt und ist inzwischen nach Deutschland zurückgekehrt. Die Klägerin zu 1) leidet an einer schweren Epilepsie mit täglichen Grand-mal Anfällen und Absencen, einem Gehirntumor und schweren psychischen Störungen. Die Klägerin zu 1) ist gesetzlich krankenversichert bei der C, für die Klägerin zu 2) bestand Familienversicherung. Die Klägerin zu 1) ist seit dem 1.7.2007 zum Zwecke der Gesundheitsvorsorge im spanischen Sozialversicherungssystem als in Deutschland Versicherte eingetragen. Sie bezieht seit dem 1.9.2002 von der C Pflegegeld aus der Pflegeversicherung entsprechend Pflegestufe III und seit dem 1.6.2008 eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der deutschen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 588,05 Euro (Stand 1.1.2009). Ab Januar 2007 hatte der Beklagte den Klägerinnen und ihren Familienangehörigen wegen angenommener Reiseunfähigkeit der Klägerin zu 1) Sozialhilfe für Deutsche im Ausland gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch -Sozialhilfe- (SGB XII) bewilligt, wobei für die Klägerin zu 1) ein Regelsatz als Haushaltsangehörige in Höhe von 216,70 Euro nebst Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung in Höhe von 36,85 Euro festgesetzt worden war. Mit Bescheid vom 25.3.2009 erhielt die Klägerin zu 2) von dem Beklagten eine Nachzahlung in Höhe von 1218,60 Euro wegen rückwirkender Erhöhung des Regelsatzes für die Zeit 1/2007 bis 3/2009. Die Gewährung von Sozialhilfe nach § 24 SGB XII an die Klägerinnen und ihre Familienangehörigen wurde bis Oktober 2010 fortgesetzt und zum 1.11.2010 eingestellt.
Mit Antrag vom 4.3.2008 begehrte die Klägerin zu 2) die Übernahme der Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung in Höhe von 6137,09 Euro (Kostenvoranschlag Dr. Q vom 17.6.2008). Mit Antrag vom 16.7.2008 begehrte die Klägerin zu 1) die Übernahme von Kosten für eine zahnärztliche Behandlung in Höhe von 2774,61 Euro (Rechnung Zahnarzt M vom 8.7.2008). Der Rechnung ist zu entnehmen, dass am 26.5.2008 folgende Behandlungen durchgeführt wurden: einfacher Besuch (11,20 Euro) und Beseitigen scharfer Kanten/Prothesenränder (8,90 Euro). Am 10.6.2008, 17.6.2008 und 8.7.2008 erfolgten weitere Behandlungen. Mit Schreiben vom 6.10.2008 bescheinigte der Zahnarzt M der Klägerin zu 1), sie habe sich am 26.5. 2008 mit akuten Schmerzen in der Praxis vorgestellt. Eine schnelle Überkronung beschädigter Zähne sei angezeigt gewesen. Mit Antrag vom 16.7.2008 begehrte die Klägerin zu 2) die Übernahme einer kieferorthopädischen Vorbehandlung in Höhe von 67,40 Euro (Rechnung Zahnarzt M vom 8.7.2008 über Behandlungen am 11.2.2008 und 7.8.2008). Mit Bescheid vom 29.7.2008 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten der Zahnbehandlung der Klägerin zu 1) in Höhe von 2774,61 Euro als auch für die kieferorthopädische Vorbehandlung der Klägerin zu 2) in Höhe von 67,40 Euro ab. Hiergegen erhoben die Klägerinnen Widerspruch.
Mit Antrag vom 1.9.2008 erhoben die Klägerinnen in Bezug auf die Übernahme der begehrten Zahnbehandlungskosten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, den das Sozialgericht Köln mit Beschluss vom 14.11.2008 ablehnte (S 21 SO 89/08 ER SG Köln). Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des LSG NRW vom 2.2.2009 (L 12 B 71/08 SO ER LSG NRW) zurückgewiesen. Das LSG NRW führte im Wesentlichen aus, die Klägerinnen müssten wegen des Nachranggrundsatzes die zahnmedizinische Grundversorgung nach spanischem Krankenversicherungsrecht in A...