Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Elterngeldes
Orientierungssatz
1. § 2 Abs. 3 BEEG regelt die Berechnung des Elterngeldes, wenn der Berechtigte Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt hat, durch Verweisung auf das Steuerrecht. Danach verwirklicht nur derjenige den Tatbestand der Einkunftserzielung, der die tatbestandsmäßige Handlung vornimmt und dadurch den Erfolg herbeiführt. Hat sich der Elterngeldberechtigte in der Elternzeit ausschließlich um sein Kind gekümmert, so fehlt der Erwerbstatbestand.
2. Ist während der Elternzeit Einkommen aus Erwerbstätigkeit nicht erzielt worden, so ist bei der Berechnung des Elterngeldes Einkommen nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 BEEG nicht zu berücksichtigen.
Tenor
Der Änderungsbescheid vom 08.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2009 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung vorläufig gewährten Elterngeldes.
Der Kläger ist Vater des am 13.04.2007 geborenen Kindes X. Am 22.05.2007 beantragte er Elterngeld für den 6. (13.9.-12.10.2007) und 12. (13.3.-12.4.2008) Lebensmonat seines Kindes; er gab an, er sei selbständig, und legte eine betriebswirtschaftliche Auswertung sowie diverse Rechnungen für das Jahr 2006 vor. Mit Bescheid vom 03.09.2007 wurde dem Kläger für die beiden Monate Elterngeld in Höhe von jeweils 1.800,00 EUR gewährt. Der Kläger wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Elterngeld vorläufig gezahlt werde, weil das Einkommen noch nicht feststehe. Ferner heißt es in dem Bescheid: "Nach Klärung der Einkommensverhältnisse erhalten Sie einen weiteren Bescheid (§ 8 Abs. 3 BEEG)". In der Folgezeit wurde der Kläger mehrfach aufgefordert, sein Einkommen in den betreffenden Monaten nachzuweisen. Der Kläger legte daraufhin u.a. die Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September und Oktober 2007 sowie März und April 2008, ferner die betriebswirtschaftliche Auswertung für diese Monate vor, aus denen sich ein Gesamteinkommen in Höhe von 11.912,85 EUR ergibt. Die Beklagte erließ daraufhin am 08.01.2009 den streitgegenständlichen Bescheid als endgültigen Bescheid (§ 8 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) i.V.m. § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen von EUR 2.501,05, setzte sie das Elterngeld für die beiden Monate auf den Mindestbetrag von jeweils 300,00 EUR fest. Zugleich forderte sie die Überzahlung in Höhe von 3.000,00 zurück. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2009 mit der Begründung zurückgewiesen, es gelte das Zuflussprinzip. Insbesondere weil der Kläger einen Steuerberater habe, habe er nicht davon ausgehen dürfen, dass es lediglich darauf ankomme, im Bezugszeitraum nicht erwerbstätig zu sein. Am 15.07.2009 hat der Kläger Klage erhoben. Der Kläger trägt vor, der Rückforderung stehe der Vertrauensschutz entgegen; er sei nie auf das Zuflussprinzip hingewiesen worden. Er habe daher davon ausgehen dürfen, dass - solange er keine Erwerbstätigkeit ausübe - der Bestand des Bescheides vom 03.09.2007 nicht gefährdet sei.
Der Kläger beantragt,
den Änderungsbescheid vom 08.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 12.06.2009 Bezug. Sie betont unter Bezugnahme auf das Steuerrecht das Zuflussprinzip. Im Übrigen sei der Bescheid vom 03.09.2007 unter ausdrücklichem Vorläufigkeitsvorbehalt ergangen, so dass der Kläger von vornherein nicht auf einen ihm zustehenden Elterngeld-Höchstsatz hätte vertrauen dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streit- und beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie die darin befindlichen gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingereichte Klage ist zulässig und begründet.
Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 08.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2009 war aufzuheben, weil er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Die Beklagte hat zu Unrecht die dem Kläger in der Elternzeit zugeflossenen Beträge als Einkommen aus Erwerbstätigkeit berücksichtigt, das Elterngeld auf den Mindestbetrag festgesetzt und die Überzahlung zurückgefordert. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG definiert Einkommen aus Erwerbstätigkeit als die Summe der positiven Einkünfte...