Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer rückwirkenden Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt
Orientierungssatz
1. Nach § 231 Abs. 4b S. 1 SGB 6 wirkt auf Antrag eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6, die unter Berücksichtigung der BRAO in der ab dem 1. 1. 2016 geltenden Fassung erteilt wurde, vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird.
2. Zweck des § 231 Abs. 4b SGB 6 ist es, für die Befreiung von Syndikusrechtsanwälten von der Versicherungspflicht im Wesentlichen die von dem Rentenversicherungsträger vor den Urteilen des BSG vom 4. 4. 2014 geübte Verwaltungspraxis wiederherzustellen und hierfür aus Gründen des Vertrauensschutzes auch eine rückwirkende Befreiung zu ermöglichen.
3. Die Übergangsvorschrift knüpft für einen weiter zurückreichenden Befreiungsanspruch daran an, dass ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand vorliegt. Nach § 231 Abs. 4b S. 4 SGB 6 ist daher weitere Voraussetzung, dass einkommensbezogene Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk entrichtet wurden.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2018 verpflichtet, die Klägerin für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.03.2014 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Syndikusrechtsanwältin für Zeiten vor dem 01.04.2014.
Die Klägerin ist seit dem 15.07.2010 bei der I1 AG, I2 beschäftigt. Ihr Beschäftigungsort ist in L2. Die Klägerin ist für ihre Arbeitgeberin im Bereich "Vermögensschaden-Haftpflicht-Schaden" tätig. Für die genaue Tätigkeit wird auf die bei den Verwaltungsakten befindliche Tätigkeitsbeschreibung Bezug genommen.
Die Klägerin ist seit 13.05.2011 Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer E2 sowie der Beigeladenen.
Für diese Tätigkeit beantragte die Klägerin unter dem 22.05.2011 die Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 10.11.2011 abgelehnt, da es sich nicht um eine spezifisch anwaltliche Tätigkeit handele. Nachdem die Beklagte den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2012 als unbegründet zurückwies, ist hiergegen die derzeit ruhende Klage S 30 R 248/12 vor dem Sozialgericht Köln anhängig.
Für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.03.2014 entrichtete die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit bei der I1 gegenüber der Beigeladenen monatlich Mindestbeiträge (im Jahr 2011 109,45 Euro monatlich; im Jahr 2012 109,76 Euro monatlich; im Jahr 2013 109,62 Euro monatlich; im Jahr 2014 112,46 Euro monatlich).
Mit bei der Beklagten am 01.04.2016 eingegangenen Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2016 aus dem sozialgerichtlichen Klageverfahren S 30 R 248/12 beantragte die Klägerin formlos die rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs. 4b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Mit Schreiben vom 25.07.2017 gab die Klägerin an, dass sie die Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit seit dem 13.05.2011 wünsche.
Die Klägerin wurde von der Rechtsanwaltskammer E2 auf ihren dort am 23.03.2016 eingegangenen Antrag mit Bescheid vom 05.04.2017 als Syndikusrechtsanwältin zugelassen.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 04.12.2017 befreite die Beklagte die Klägerin auf ihren Antrag aufgrund der Zulassung als Syndikusrechtsanwältin für den Zeitraum ab 23.03.2016 nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für die Tätigkeit bei der I1 von der Rentenversicherungspflicht.
Mit ebenfalls bestandskräftigen Bescheid vom 06.02.2018 befreite die Beklagte die Klägerin rückwirkend für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis 22.03.2016 von der Rentenversicherungspflicht.
Ebenfalls mit Bescheid vom 06.02.2018 lehnte die Beklagte den Antrag vom 01.04.2016 auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b SGB VI indes für die von der Zeit vom 15.07.2010 bis 12.05.2011 und vom 13.05.2011 bis 31.03.2014 ausgeübte Beschäftigung als Mitarbeiterin der I1 ab. Die Klägerin sei erst ab 13.05.2011 Pflichtmitglied im Versorgungswerk geworden. Für den Zeitraum vom 13.05.2011 bis 31.03.2014 seien keine einkommensbezogenen Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk gezahlt worden.
Den hiergegen am 20.02.2018 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2018 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 03.09.2018 Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie auch für Zeiten vor dem 01.04.2014 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien sei. Auch bei den entrichteten Mindestbeiträgen handele es sich um einkommensbezogene Beiträge.
Die Klägerin beantragte zuletzt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2018 zu verpflichten, sie für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis ...