Nachgehend

BSG (Beschluss vom 31.03.2021; Aktenzeichen B 8 SO 65/20 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung eines Überprüfungsantrags nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zum Bescheid des Beklagten vom 29.06.2015, mit dem die Übernahme von Bestattungskosten abgelehnt worden ist.

Am 00.00.2013 verstarb der Vater des am 00.00.1995 geborenen Klägers in P. Der Verstorbene IJU hatte vor seinem Tod in einem Pflegeheim gelebt, jedoch keine Sozialhilfe bezogen. Das Ordnungsamt P ermittelte den Kläger als bestattungspflichtigen Angehörigen und forderte diesen auf, die Beerdigung in die Wege zu leiten. Am 02.05.2013 meldete sich die Mutter des Klägers telefonisch beim Bezirk T und teilte mit, dass die Bestattungskosten 1.456,90 EUR betrügen und dass weder ihr sich in der Ausbildung befindende Sohn noch sie als dessen unterhaltspflichtige Mutter diese Kosten tragen könnten. Auf ihre Frage, wer von beiden und bei welchem Amt einen Antrag auf Kostenübernahme stellen könne, wurde sie an den Beklagten verwiesen. Am 06.09.2013 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und legte hierzu die Rechnung des Bestatters X vom 15.05.2013 über 1.464,40 EUR und den Bescheid des Jobcenters C vom 09.08.2013 vor, ausweislich dessen der Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter, TU, Leistungen nach dem SGB II erhielt. Der Kläger benannte drei weitere Kinder aus erster Ehe des Vaters, zu denen er aber keinen Kontakt habe. Der Beklagte ermittelte zu den Vermögensverhältnissen des Verstorbenen und dessen möglichen Erben und zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers. Im März 2014 teilte der vom Nachlassgericht N eingesetzte Nachlassverwalter mit, dass der Nachlass des verstorbenen IJU überschuldet, die Insolvenzeröffnung aber mangels Masse abgelehnt worden sei. Eine Übernahme der Beerdigungskosten komme daher nicht in Betracht. Das Nachlassgericht teilte mit Schreiben vom 05.05.2014 mit, dass Erben nicht ermittelt werden konnten. Der Kläger und zwei weitere Kinder des Verstorbenen (KU und GU) hätten das Erbe ausgeschlagen.

Mit Bescheid vom 29.06.2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten ab. Da ein Sohn des Verstorbenen das Erbe nicht ausgeschlagen habe, gebe es einen Erben und damit einen vorrangig Verpflichteten, von dem auch kein Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten vorliege, denn auf ein entsprechendes Anschreiben des Beklagten habe dieser nicht reagiert.

Mit Schreiben vom 05.07.2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gemäß § 44 SGB X die Rücknahme des Bescheides vom 29.06.2015 und die Übernahme der Bestattungskosten aus der Rechnung vom 15.05.2013. Die Rechtsauffassung des Beklagten im Bescheid vom 29.06.2015 sei unzutreffend. Da der Kläger ordnungsbehördlich in Anspruch genommen worden sei, habe er die Bestattungskosten zu tragen gehabt und sei damit selbst vorrangig Verpflichteter. In diesem Fall sei der Erbe gegenüber demjenigen, der in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht zum Verpflichteten werde (§ 15 Bestattungsverordnung i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestattVO), nicht vorrangig verpflichtet, die Beerdigungskosten zu tragen. Es komme daher nicht darauf an, dass der Halbbruder QU Alleinerbe geworden sei.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 02.12.2016 mit der Begründung ab, dass der Überprüfungsantrag nicht rechtzeitig gestellt worden sei. Maßgeblich sei § 44 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 116a SGB XII. Der Antrag sei am 05.07.2016 beim Sozialamt eingegangen. Die Überprüfung des Anspruches könne rückwirkend nur bis zum 01.01.2015 erfolgen. Die Übernahme von Bestattungskosten sei in dem Monat zu prüfen, in welchem der Rechnungsbetrag fällig sei. Das wäre der Mai 2013 gewesen, dieser Monat liege nicht mehr innerhalb des nach § 116a SGB XII maßgeblichen Zeitraums

Mit Schreiben vom 28.12.2016, bei dem Beklagten am 29.12.2016 eingegangen, erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Im Falle einer Rücknahme auf Antrag trete bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen begehrt würden, der Antrag an die Stelle der Rücknahme. § 116a SGB XII bestimme zwar, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr trete. Allerdings seien von § 116a SGB XII nur solche Sozialleistungen betroffen, die für Zeiträume gezahlt würde; einmalige Leistungen seien daher - unter Beachtung der Verjährungsvorschrift des § 45 SGB Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) - auch noch nach mehr als vier Jahren bzw. einem Jahr korrigierbar. Diese Rechtsansicht sei zwar nicht unumstritten; jedoch werde selbst von denjenigen, welche die Ausschlussfrist auch in Bezug auf einmalige Leistungen für anwendbar erachteten, auf den Zeitpunkt des Jahres der Ablehnung der einmaligen Leistung als maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausschlussfrist abgestellt. Da der ...

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