Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 72.811,88 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine von der Beklagten geltend gemachte Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) bei der Klägerin im Zeitraum von 01.01.2010 bis 31.12.2013.

Die Klägerin ist eine Verlagsgesellschaft, welche Reise-Bildbänder erstellt und herausgibt. Bis zum Jahr 2003 war der Vater der Beigeladenen zu 4) (im Folgenden Beigeladene), Herr A2, alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin. Mit Geschäftsführervertrag vom 19.12.2003 wurde die Beigeladene für den Zeitraum ab dem 01.01.2004 als Geschäftsführerin bestellt. Nach § 4 des Geschäftsführervertrages sollte sie hauptberuflich 40 Stunden in einer Fünftagewoche mit einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen im Jahr tätig werden. Ihr war es nicht gestattet, für die Dauer des Vertrages in einem Unternehmen, welches mit der Gesellschaft in direktem Wettbewerb steht, als Inhaber, Gesellschafter oder Angestellter tätig zu werden. Das Monatsgehalts der Beigeladenen betrug nach § 5 des Vertrages 2300, 81 EUR brutto monatlich, wobei die Arbeitgeberin hiervon Lohnsteuern abzuziehen, die Beigeladene aber für die Abgabe von Sozial- und Rentenversicherungsbeiträgen als" Selbstversicherer" verantwortlich sein sollte. Des Weiteren wurde u.a. ein Anspruch auf Reisekostenersatz vereinbart. Nach § 2 des Vertrages bedurfte der Geschäftsführer zu allen über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Rechtsgeschäften und Maßnahmen der Zustimmung der Gesellschaftsversammlung.

Herr A2 gab unter dem 08.08.2006 unter der Überschrift "Vereinbarung" eine Erklärung ab, wonach die Beigeladene mit 10 % der Anteile als Gesellschafterin in die Firma aufgenommen werden sollte. Weiterhin erklärte er, dass die Beigeladene auch alle Rechte aus der Gesellschafterstellung ihres Vaters wahrnehmen solle, wozu er sie bevollmächtigte. Die Vollmacht zur Wahrnehmung der Gesellschafterrechte sollte solange gelten, wie die Vollmacht nicht schriftlich eingeschränkt oder zurückgenommen wird. Am 09.08.2006 wurde zudem ein neuer notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, der für die Klägerin ein Stammkapital von 150.000 DM vorsah, wovon 135.000 DM auf A2 und 15.000 DM auf die Beigeladene entfielen. Nach § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages konnten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit getroffen werden, wobei auf je 500 DM eine Stimme entfiel. Beschlussfähig sollte die Gesellschafterversammlung sein, wenn mindestens 75 % des Stammkapitals vertreten waren. Anfang 2014 schied die Beigeladene als Geschäftsführerin wie auch als Gesellschafterin der Klägerin aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der Firma aus. Nunmehr ist wieder Herr A2 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin.

Die Beklagte führte im Zeitraum vom 29.10.2014 bis zum 01.04.2015 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.06.2014 durch. Mit Anhörungsschreiben vom 17.02.2015 teilte sie dem Vertreter der Klägerin mit, dass die Beigeladene bei ihr im Zeitraum von 2010 bis 2014 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und deshalb beabsichtigt sei, Sozialversicherungsbeiträge i.H.v. 72.811,88 EUR nachzufordern. Der Vertreter der Klägerin führte auf dieses Schreiben hin aus, dass die Beigeladene den Betrieb seit 2003 bereits faktisch alleinverantwortlich führe. Ihr Vater habe sich aus den geschäftlichen Belangen vollständig zurückgezogen, so dass die Verteilung der Geschäftsanteile lediglich theoretisch und für die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft nicht entscheidend gewesen sei.

Mit Bescheid vom 10.04.2015 forderte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladene i.H.v. 72.811,88 EUR. Die Beigeladene sei bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Ab dem 01.01.2013 habe allerdings Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegversicherung bestanden. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 20.04.2015 mit der Begründung Widerspruch ein, dass die Beigeladene im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich alleine die Geschäfte der Klägerin geführt habe. Zudem müsse man die besondere Familienkonstellation und den Umstand berücksichtigen, dass sich der Vater der Beigeladenen spätestens seit dem Jahr 2006 aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes aus den Belangen der Klägerin herausziehen wollte.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2015 als unbegründet zurück. Die Beigeladene sei bei der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2012 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Ab dem 01.01.2013 habe Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestanden. Dies sei bei der Berechnung der Nachforderungssumme berücksicht...

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