Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit. Überbrückungstatbestand. unschädliche Unterbrechung. sozialadäquates Verhalten. Auslandsaufenthalt
Orientierungssatz
1. Der Versuch einer Abwendung von Arbeitslosigkeit durch den Versuch einer Existenzgründung als Selbstständiger kann grundsätzlich als ein sozialadäquates Verhalten angesehen werden (vgl BSG vom 8.3.1972 - 11 RA 190/71 = BSGE 34, 93 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO).
2. Bei der Auslegung des Begriffs der Unterbrechung im Hinblick auf einen Überbrückungstatbestand bei einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit ist zu prüfen, ob Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, in der Rentenbiografie rentenrechtlich erhebliche Zeiten anzunehmen. Dies kann angenommen werden, wenn die Lücke unverschuldet, dh nicht durch vom Versicherten zu vertretende Umstände (vgl BSG vom 11.12.1973 - GS 1/73 = BSGE 37, 10 = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO), oder durch ein sozialadäquates, von Verfassungs wegen schützenswertes Verhalten entstanden ist (vgl BSG vom 8.3.1972 - 11 RA 190/71 aaO und BSG vom 1.2.2001 - B 13 RJ 37/00 R = BSGE 87, 269 = SozR 3-2600 § 58 Nr 16).
3. Ein Urlaub kann einen Überbrückungstatbestand nur bis zu einem Zeitraum von sechs Wochen darstellen (Anschluss an BSG vom 12.6.2001 - B 4 RA 26/00 R = SozR 3-2600 § 58 Nr 18).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vom 26.08.1974 bis zum 24.09.1975 unter Berücksichtigung eines Überbrückungstatbestandes vom 25.04.1974 bis 25.08.1974.
Über diese Rechtsfrage - seinerzeit im Zusammenhang mit einem Versicherungsverlauf vom 22.01.1999, in welchem die Beklagte die oben genannten Zeiten nicht vorgemerkt hatte - war bereits ein gerichtliches Verfahren sowohl bei dem Sozialgericht Köln (S 2 RA 117/99) als auch in der Berufungsinstanz bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW, dort: L 8 RA 18/01) anhängig.
Bezüglich des Sachverhaltes wird daher ausdrücklich - im Einvernehmen mit den Beteiligten - Bezug genommen auf die Feststellungen des Sozialgerichts Köln im Urteil vom 08.02.2001 zu Az. S 2 RA 117/99 sowie des LSG NRW im Urteil vom 19.10.2005 zu Az. L 8 RA 18/01.
Mit Urteil vom 19.10.2005 hat das LSG NRW die damalige Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Im Rahmen des Revisionsverfahrens verständigten sich die Beteiligten außergerichtlich - wegen des zwischenzeitlichen Erlasses des nunmehr im vorliegenden Verfahren streitigen Bescheides vom 17.08.2005 - dahingehend, dass der Kläger seine Revision zurücknahm und die Beklagte sich bereit erklärte, den Schriftwechsel im Revisionsverfahren als Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 17.08.2005 zu behandeln und - ohne Bindungswirkung der vorangegangenen Vormerkungs- und Rentenbescheide - im Rahmen des Widerspruchsverfahrens darüber befindet, ob die Rentenwerthöchstfestsetzung im Hinblick auf eine Anerkennung des Zeitraums zwischen dem 26.08.1974 und dem 24.09.1975 als Anrechnungszeit abzuändern war.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2007 wies die Beklagte das als Widerspruch gewertete Vorbringen des Klägers (vgl. insoweit oben) als unbegründet zurück und verwies zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Urteils des LSG NRW vom 19.10.2005, L 8 RA 18/01.
Hiergegen richtet sich die nunmehr vorliegende Klage, mit welcher der Kläger sein ursprüngliches Begehren, nämlich die Anerkennung der Zeit vom 26.08.1974 bis zum 24.09.1975 unter Berücksichtigung eines Überbrückungstatbestandes vom 25.04.1974 bis zum 25.08.1974 als Anrechnungszeit, weiter verfolgt.
Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf sein bisheriges Vorbringen in den vorgenannten gerichtlichen Verfahren.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 26.08.1974 bis zum 24.09.1975 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch sie verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen aus den bisherigen gerichtlichen Verfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten über die Klägerin sowie auf die Gerichtsakten zu dem Verfahren des SG Köln (S 2 RA 117/99) sowie des LSG NRW (L 8 RA 117/99) in vollem Umfang Bezug genommen. Sämtliche Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Der ausdrücklich von dem Kläger gestellte Antrag war zunächst dahingehend auszulegen, dass der Kläger nicht die Aufhebung des Bescheides vom 17.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2007 begehrt, sondern lediglich die Abänderung des genannten Bescheides unter Berücksichtigung der Zeit vom 26.08.1974 bis zum 24.09.1975 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit. Denn im Übrigen soll es bei dem ...