Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Zulässigkeit der Anrechnung eines Habilitationsstipendiums des Ehepartners eines Arbeitslosenhilfeempfängers auf den Hilfebedarf
Orientierungssatz
Ein steuerfreies Habilitationsstipendium des Ehepartners eines Arbeitslosenhilfeempfängers, das sich allein am Lebensalter und nicht am Familienstand orientiert, stellt im Regelfall eine zweckgebundene Leistung zur Berufsausbildung für den Ehepartner dar und wird deshalb bei der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit des Arbeitslosenhilfeempfängers nicht als Einkommen berücksichtigt.
Tenor
Die Bescheide der Beklagten vom 23.01.1996, 15.04.1996 und 02.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1996 werden insoweit aufgehoben, als sie die Zeit bis 28.02.1996 einschließlich betreffen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 02.02.1996 aufgehoben hat.
Der verheiratete Kläger ist Vater einer Tochter und beantragte im Anschluss an die Beendigung der Referendarzeit Arbeitslosenhilfe.
Mit Bescheiden vom 21.12.1995 und 09.01.1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Arbeitslosenhilfe bis 28.12.1996 in Höhe von wöchentlich 259,80 DM. Die Ehefrau des Klägers hatte zu der Zeit kein Einkommen.
Im Januar 1996 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass seiner Frau durch Bescheid vom 08.01.1996 ein Habilitationsstipendium im Rahmen des Lise-Meitner-Programms bewilligt worden war. Auf den Bewilligungsbescheid wird Bezug genommen. Das Stipendium von insgesamt 3.900,- DM monatlich setzte sich zusammen aus einem Grundbetrag von 3.400,- DM, einem Sach- und Reisekostenzuschuss von 200,- DM und einem Kinderbetreuungszuschlag von 300,- DM. Die Bewilligung erfolgte für die Dauer von zwei Jahren. Die Höhe des Grundbetrages richtet sich ausschließlich nach dem Lebensalter des Stipendiaten. Der Familienstand ist unerheblich. Nach den Richtlinien zu diesem Hochschulsonderprogramm begründet das Stipendium kein Arbeitsverhältnis, es ist kein Entgelt im Sinn von § 14 SGB IV unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht und ist steuerfrei nach § 3 Nummer 44 EStG. Die Richtlinien enthalten auch Bestimmungen, unter welchen Voraussetzungen andere Zahlungen angerechnet werden. Im Bewilligungsbescheid heißt es ausdrücklich, dass ein Zuschuss zu den notwendigen Versicherungen wie Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung nicht gewährt werde.
Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 23.01.1996, 15.04.1996 und 02.05.1996 Änderungsbescheide, mit welchen sie letztendlich die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 02.02.1996 aufhob, weil unter Berücksichtigung des Einkommens seiner Ehefrau Bedürftigkeit nicht mehr gegeben sei.
Im Widerspruchsverfahren wandte sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des Stipendiums. In keinem Fall dürfe der volle Betrag angerechnet werden sondern allenfalls der Grundbetrag von 3.400,- DM. Weiterhin müssten Werbungskosten abgezogen werden. Der Anrechnung des Stipendiums stehe § 138 Absatz 3 AFG entgegen. Die Leistung sei allein dafür bestimmt, seiner Frau bei der Finanzierung der Habilitationsschrift zu dienen. Das Stipendium diene nicht der Sicherung der allgemeinen Lebensführung. Das Fehlen des Verheiratetenzuschlages, wie er sonst im öffentlichen Recht gezahlt werde, zeige, dass das Stipendium nicht für die Erfüllung ehelicher Unterhaltspflichten gewährt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 1996 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei dem nach § 138 Absatz 2 AFG zu berücksichtigenden Einkommen müsse es sich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV handeln. Zugrunde gelegt werden müsse der Grundbetrag von 3.400,- DM. Unter Abzug der anerkennungsfähigen Aufwendungen von 667,84 DM verbleibe es bei der fehlenden Bedürftigkeit. Der Betrag von 51,- DM an Lebensversicherung könne nicht abgezogen werden.
Gegen die Bescheide der Beklagten vom 23.01.1996, 15.04.1996 und 02.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1996 - zugestellt am 05.06.1996 - richtet sich die am 04.07.1996 erhobene Klage. Der Kläger verbleibt dabei dass angesichts des besonderen Charakters des Stipendiums eine Berücksichtigung als anrechenbares Einkommen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nicht erfolgen dürfe.
Es handele sich bei dem Stipendium angesichts seiner konkreten Ausgestaltung um eine zweckgebundene Leistung zur Berufsausbildung.
Seit 01.03.1996 ist der Kläger als Rechtsanwalt tätig.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 23.01.1996, 15.04.1996 und 02.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1996 insoweit aufzuheben, als sie den Zeitraum bis 28.02.1996 einschließlich betreffen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer im Widerspruchsbescheid dargelegten Auffassung.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt...