Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.06.2021; Aktenzeichen B 5 RE 1/21 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht vom 01.06.2013 bis zum 21.03.2016 beanspruchen kann.

Die am 00.00.1981 geborene Klägerin ist Volljuristin und als Rechtsanwältin zugelassen, Mitglied der Rechtsanwaltskammer L und seit dem 09.04.2013 Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen.

Seit dem 01.06.2013 ist die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 beschäftigt. Sie ist für die Bearbeitung von Schäden im Arzt- und Krankenhaushaftungsrecht zuständig.

Mit Bescheid vom 23.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 27.04.2015 Klage bei dem Sozialgericht Köln, Aktenzeichen S 4 R 620/15. Nach dem dieses Klageverfahren ruhte, ist es nunmehr unter dem Aktenzeichen S 4 R 334/19 WA wieder aufgenommen worden.

Nachdem die Bundesrechtsanwaltsordnung zum 01.01.2016 dahingehend geändert worden war, dass nunmehr auch eine Zulassung als Syndikusrechtsanwältin möglich ist (§ 46a Bundesrechtsanwaltsordnung), beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.03.2016 die rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 231 Abs. 4 b SGB VI. Diesen Schriftsatz übersandte der Bevollmächtigte der Klägerin an das Sozialgericht Köln, wo er am 29.03.2016 einging. Das Sozialgericht Köln hat diesen Schriftsatz am 30.03.2016 an die Beklagte weitergeleitet, wo er am 04.04.2016 einging.

Die Rechtsanwaltskammer L hat die Klägerin auf ihren Antrag vom 22.03.2016 mit Bescheid vom 02.03.2017 als Syndikusrechtsanwältin zugelassen.

Mit Bescheid vom 30.10.2017, der hier nicht streitgegenständlich ist, befreite die Beklagte die Klägerin gemäß § 6 Absatz 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 ab dem 22.03.2016.

Ferner erließ die Beklagte den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 11.01.2018, mit welchem sie eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4 b SGB VI für die Zeit vom 01.06.2013 bis zum 21.03.2016 ablehnte. Die Klägerin habe bereits ihren Antrag auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherung nicht innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist bis zum 01.04.2016 gestellt. Der beim Sozialgericht eingegangene Antrag erfolgte nicht fristwahrend im Sinne des § 16 Abs. 2 S. 2 SGB I. Das Sozialgericht sei nicht der zuständige Leistungsträger. Leistungsträger seien nur die in den §§ 18-29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden. Sozialgerichte seien keine zur Entgegennahme von Anträgen bezeichnete Stellen im Sinne des § 16 SGB I und könnten daher auch keine Anträge fristwahrend im Sinne des § 16 Abs. 2 S. 2 SGB I entgegennehmen. Aus diesem Grund werde auch der Antrag auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Pflichtbeiträge abgelehnt.

Hiergegen erhob die Klägerin am 06.02.2018 Widerspruch. Sie vertritt die Auffassung, dass hier ein Fall des § 96 SGG vorliege, so dass der streitgegenständliche Bescheid in das laufende Klageverfahren einzubeziehen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verbleibt dabei, dass der beim Sozialgericht Köln eingegangene Antrag nicht mehr als fristwahrend im Sinne des § 16 Abs. 2 S. 2 SGB I angesehen werden könne. Die Befreiungsvoraussetzungen des § 231 Abs. 4b SGB VI seien bereits deshalb nicht erfüllt.

Hiergegen richtet sich die am 11.04.2018 erhobene Klage.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Bescheide seien außerhalb des anhängigen Verfahrens zum Aktenzeichen S 4 R 334/19 WA erlassen worden, obwohl dies im dortigen Verfahren hätte getan werden müssen. Es handele sich um denselben Streitgegenstand.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Bescheid vom 11.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2018 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.06.2013 bis zum 21.03.2016 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 SGB VI befreit wird.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist darauf, dass Streitgegenstand des Verfahrens zum Aktenzeichen S 4 R 620/15 bzw. das unter dem Aktenzeichen S 4 R 334/19 WA wiederaufgenommene Verfahren die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht für eine Tätigkeit als zugelassene Rechtsanwältin im Angestelltenverhältnis bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber (Syndikusanwältin), nicht dagegen die Befreiung von der Versicherungsrecht für eine Tätigkeit als zugelassene Syndikusrechtsanwältin sei. Die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin stünde somit nicht im Zusammenhang mit dem dortigen Streitgegenstand.

Die Beigeladenen haben keinen eigenen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten ...

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