Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Altenhilfe. Ermöglichung der Verbindung mit nahe stehenden Personen. Fahrt- und Übernachtungskosten für den Besuch von Geschwistern. Einkommens- und Vermögenseinsatz

 

Orientierungssatz

Werden nur Beratung und Unterstützung geleistet, soll die Altenhilfe nach § 71 Abs 4 ohne Rücksicht auf vorhandenes Einkommen oder Vermögen geleistet werden. Ansonsten handelt es sich grundsätzlich um eine einkommens- und vermögensabhängige Leistung.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme von Fahrt- und Übernachtungskosten für sich und eine Begleitperson anlässlich eines geplanten Besuchs bei seiner Schwester in Oldenburg aus Mitteln der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII).

Der am 1930 geborene Kläger bezieht seit Januar 2005 eine Altersrente.

Mit Schreiben vom 12.07.2019 wandte er sich an den Beklagten u.a. mit der Bitte um Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten für sich und eine Begleitperson, um seine in Oldenburg lebende Schwester noch einmal besuchen zu können. Dieses Schreiben ist am 19.08. 2019 beim Sozialgericht Konstanz (SG) eingegangen und dort zunächst unter dem Aktenzeichen S 2 SV 1651/19 geführt worden. Nach Mitteilung des Klägers, dass sich die Klage gegen das Sozialamt des Beklagten richte, hat die 2. Kammer des SG den Rechtsstreit an die für Sozialhilfeangelegenheiten zuständige 3. Kammer des SG abgegeben, wo der Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen S 3 SO 1651/19 fortgeführt worden ist. Der Beklagte ist der Klage mit der Argumentation entgegengetreten, dass der Kläger bei Ihm einen Antrag auf Übernahme der begehrten Kosten nicht gestellt habe und die Klage daher unzulässig sei. Auf richterliche Verfügung des SG vom 05.11.2019 hat der Kläger mitgeteilt, dass sein Schreiben vom 12.07.2019 als Antrag angesehen werden könne, sowie ausdrücklich gegenüber dem Beklagten die Kostenübernahme beantragt. Die Fahrt zu seiner kranken Schwester sei notwendig. Er habe ein Recht auf Übernahme der entsprechenden Kosten. Das SG hat den Antrag mit Verfügung vom 19.11.2019 an den Beklagten zur Bearbeitung in eigener Zuständigkeit weitergeleitet und den Kläger darauf hingewiesen, dass die Klage wegen der fehlenden vorherigen Antragstellung unzulässig sein dürfte. Der Kläger ist dem Rat, die Klage zurückzunehmen nicht gefolgt. Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2019 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 09.01.2020 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt (Az. L 7 SO 101/20).

Der Beklagte hat zu dem bei ihm am 26.11.2019 eingegangenen Antrag mit Schreiben vom 29.11.2019 zahlreiche Rückfragen an den Kläger gestellt, unter anderem zu der Identität und dem genauen Wohnort der Schwester und Nachweise, unter anderem zu Einkommen und Vermögen, angefordert. Unter dem 13.01.2020 hat der Beklagte an das Schreiben erinnert. Mit am 14.02.2020 beim Beklagten eingegangen Schreiben hat der Kläger umfangreiche Ausführungen zu seiner Biographie gemacht, die Fragen des Beklagten aber nicht beantwortet und auch die geforderten Nachweise nicht vorgelegt. Der Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 26.02.2020 die Übernahme der begehrten Fahrt- und Übernachtungskosten mit der Begründung abgelehnt, dass eine Feststellung der Hilfebedürftigkeit nicht möglich gewesen sei, da die erforderlichen Angaben trotz Erinnerung nicht gemacht bzw. belegt worden seien.

Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2020 seitens des Beklagten zurückgewiesen worden ist. Der Bescheid vom 26.02.2020 sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zusicherung der Kosten für den Besuch seiner bei seiner Schwester als Leistung der Altenhilfe nach § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 71 SGB XII. Der Antrag sei schon zu unbestimmt, Es fehlten Angaben über die Identität der Schwester und deren konkreten Wohnort. Auch seien Angaben und Nachweise zu den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers, die mit Schreiben vom 29.11.2019 und 13.01.2020 angefordert worden seien, nicht gemacht worden.

Hiergegen hat der Kläger am 20.03.2020 die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Anliegen weiterverfolgt.

Er beantragt sinngemäß,

den Beklagten, unter Abänderung des Bescheides vom 26.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2020, zu verurteilen, die Fahrt- und Übernachtungskosten für sich und eine Begleitperson für einen geplanten Besuch bei seiner Schwester in Oldenburg zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 19.09.2019 hat das LSG mit Urteil vom 28.05.20202 zurückgewiesen. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sei das Begehren des Klägers auf Übernahme von Fahrt- und Übernachtungskosten für sich und eine Begleitperson für einen geplanten Besuch bei seiner hochbetagten Schwester gewesen, die sic...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge