Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Grundleistung. Anspruchseinschränkung. Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen. Vertretenmüssen. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Für das Vertretenmüssen iS des § 1a Abs 3 S 1 AsylbLG ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Ergebnis der Nichtvollziehbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen auf Umständen beruht, die dem Verantwortungsbereich der handelnden Person zuzurechnen sind.
2. Die Absenkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG ist nicht verfassungswidrig.
Tenor
I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 02.08.2016 wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B..., B-Straße, A-Stadt bewilligt. Ratenzahlungen sind nicht zu erbringen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, ihm vorläufig weiterhin Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ohne Anspruchseinschränkung zu gewähren.
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und reiste am 24.09.2011 ein und beantragte am 04.10.2011 die Anerkennung als Asylberechtigter; seither erhält der Antragsteller Leistungen nach dem AsylbLG. Der Antrag auf Gewährung von Asyl wurde mit Bescheid vom 08.04.2013 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage wurde durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18.04.2013 abgewiesen. Die Entscheidung ist seit dem 25.04.2014 rechtskräftig.
Am 03.06.2014 hat der Antragsteller in Schweden Asyl beantragt, woraufhin der Antragsteller im Wege des Dublin-Verfahrens zurück nach Deutschland verschoben wurde.
Der Antragsteller ist vollziehbar ausreisepflichtig und ist derzeit wegen Passlosigkeit geduldet.
Bereits mit Schreiben vom 08.05.2014 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass er verpflichtet sei, seinen Pass oder den Passersatz dem Antragsgegner vorzulegen. Die Nichtvorlage des Passes oder des Passersatzes stelle eine Ordnungswidrigkeit dar. Da er keinen anerkannten oder gültigen Pass oder Passersatz besitze, sei er verpflichtet, sowohl bei Maßnahmen zur Schaffung von Identitätsdokumenten durch die deutschen Behörden mitzuwirken, als auch eigenständige Anstrengungen zur Erlangung von Identitätsnachweisen und gültigen Reisedokumenten zu unternehmen. Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller dazu auf, sich einen Pass zu beschaffen.
Mit Bescheid vom 12.08.2015 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Geldleistungen nach dem § 3 AsylbLG in Höhe von 325,61 EUR. Die Unterkunft und Heizung werden dem Antragsteller gestellt. Die Geldleistungen setzten sich aus dem Bedarf für Nahrungsmittel, für Bekleidung und Schuhe, für Gesundheitspflege sowie dem zusätzlichen Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse zusammen. Unter "Hinweise" wurde mitgeteilt, dass die bewilligte Hilfe für jeweils einen Monat gewährt werde. Nach dem umseitig genannten Bewilligungsabschnitt werde die Leistung uneingeschränkt (ohne Antrag) weitergezahlt, solange die gesetzlichen Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Verhältnisse vorlägen.
Am 23.12.2015 führte die Antragsgegnerin ein persönliches Gespräch mit dem Antragsteller. Der Antragsteller teilte mit, dass er nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet ausreisen und Aufforderungen zur Vorbereitung und Durchführung seiner Abschiebung nicht Folge leisten werde. Er werde auch den bereits zweifach vorgelegten Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses nicht ausfüllen, weil er sonst abgeschoben werde.
Der Antragsteller wurde von der Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass die Weigerung, bei der Passbeantragung mitzuwirken, eine Kürzung seiner Geldleistung nach dem AsylbLG haben könne. Eine Kürzung könne gemäß § 1a AsylbLG erfolgen.
Mit Schreiben vom 29.12.2015 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller erneut zur Vorlage eines gültigen Passes oder Passersatzes auf bzw. an der Beschaffung mitzuwirken. Der Antragsteller wurde über die möglichen Rechtsfolgen nach § 1a Abs. 3, 2 Satz 2 AsylbLG aufgeklärt.
Mit Bescheid vom 28.01.2016 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ab dem 01.02.2016 Leistungen nach dem AsylbLG nur noch eingeschränkt. Der Antragsteller erhielt nunmehr monatliche Leistungen in Höhe von 151,11 EUR. Dieser Betrag setzte sich aus dem Bedarf für Nahrungsmittel sowie dem Bedarf für Gesundheitspflege zusammen. Die Leistungseinschränkung wurde bis zum 31.07.2016 befristet. Sie ergehe unter der auflösenden Bedingung, dass der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nachkommt und einen gültigen Pass vorlegt.
Die Anspruchseinschränkung beruhe auf § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG. Sobald der Antragsteller bei dem Passbeschaffungsverfahren mitwirken werde und gültige Dokumente zur Klärung seiner Identität vorlege, könne ihm wieder die volle Leistung nach dem AsylbLG gewährt werden.
Der vorherige Antrag vom 29.03.2016 auf einstweiligen Rechtsschut...