Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Anspruchseinschränkung. Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat der EU. Erforderlichkeit eines pflichtwidrigen Verhaltens des Leistungsberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs 4 S 2 AsylbLG setzt ein pflichtwidriges Verhalten des Leistungsberechtigten voraus.

 

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 25.05.2018 bis zum 31.10.2018 in Höhe von insgesamt 320,14 Euro monatlich, für Mai 2018 anteilig, zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

III. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..........-........., ....................in ............ gewährt. Ratenzahlungen sind nicht zu erbringen.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, ihr vorläufig weiterhin Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anspruchseinschränkung zu gewähren. Umstritten ist insoweit eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG.

Die Antragstellerin ist afghanische Staatsangehörige und reiste am 28.05.2016 in die Bundesrepublik ein. Der Antrag auf Gewährung von Asyl vom 22.06.2016 wurde mit Bescheid vom 19.03.2018 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als unzulässig abgelehnt. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 05.04.2018 Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg. Eine Entscheidung steht noch aus.

Die Antragstellerin hatte nach Mitteilung der zuständigen Stelle in Griechenland vom 11.06.2017 bereits am 29.03.2016 einen Asylantrag in Griechenland gestellt. Der Antragstellerin wurde am 18.04.2016 von Griechenland der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Diese Entscheidung und die Aufenthaltsgenehmigung seien der Antragstellerin jedoch nicht zugegangen.

Seit dem 06.12.2016 ist die Antragstellerin der Stadt S.......... zur Unterbringung zugewiesen.

Zuletzt bezog der Antragsteller Leistungen nach § 3 AsylbLG, die bis 30.04.2018 in ungeminderter Höhe ausgezahlt wurden (vgl. Bescheid vom 03.04.2018).

Am 10.04.2018 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur beabsichtigten Leistungskürzung persönlich an. Als Dolmetscher fungierte eine 1992 geborene Person mit Aufenthaltsgestattung. Aus dem Protokoll ist keine Stellungnahme der Antragstellerin zu erkennen.

Mit Bescheid vom 26.04.2018 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin ab dem 01.05.2018 bis 31.10.2018 vorläufig Leistungen nach dem AsylbLG nur noch eingeschränkt. Die Antragstellerin erhielt nunmehr monatliche Leistungen in Höhe von 165,84 EUR zzgl. Unterkunft, Energie und Wohnungsinstandhaltung, Innenausstattung, Haushaltsgeräte und Haushaltsgegenstände durch Sachleistung.

Nachdem bereits durch Griechenland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, werde der Antragstellerin schon internationaler Schutz zuteil. Nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG seien die Leistungen gem. § 1a Abs. 2 AsylbLG einzuschränken.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.05.2018 legte die Antragstellerin Widerspruch ein.

Gründe für die Kürzung der Leistungen gemäß § 1a AsylbLG bestünden nicht. § 1a Abs. 2 AsylbLG sei nicht anwendbar, da kein Ausreisetermin feststehe. Wegen der eingereichten Klage beim Verwaltungsgericht habe die Klägerin ein Aufenthaltsrecht. Die Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sei rechtswidrig. Die Lebensbedingungen in Griechenland entsprächen nicht den Anforderungen der Art. 20 ff. der Anerkennungsrichtlinie.

Über den Widerspruch wurde bisher, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.

Mit ihrem Antrag vom 25.05.2018 auf einstweiligen Rechtsschutz hat sich die Antragstellerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, zunächst an das Sozialgericht München gewandt. Mit Beschluss vom 13.06.2018 hat das Sozialgericht München den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Landshut verwiesen.

Zur Begründung des Antrags verweist die Antragstellerin auf die Begründung des Widerspruchs und ergänzt, dass die Eltern und die körperlich und geistig behinderte Schwester der Antragstellerin in Deutschland lebten. Die Eltern seien im fortgeschrittenen Alter und könnten sich nur mit Hilfe der Antragstellerin um die Schwester der Antragstellerin kümmern.

Die Antragstellerin beantragt zuletzt:

1. Die Antragsgegnerin wird vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 320,14 EUR monatlich zu bewilligen.

2. Der Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragstellerin verkenne, dass die Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge für die Frage des Leistungsrechts nicht relevant sei. Daher komme es hier auch nicht auf die Frage der Trennung von der Kernfamilie an. Im...

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