Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. einstweiliges Rechtsschutzverfahren. Verfahrensgebühr. Nichtanwendbarkeit des verminderten Gebührenrahmens der Nr 3103 RVG-VV

 

Leitsatz (amtlich)

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist für die Verfahrensgebühr der Gebührenrahmen nach Nr 3102 VV RVG (juris: RVG-VV) in Ansatz zu bringen.

 

Tenor

I. Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 10.06.2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 03.06.2009 abgeändert und die vom Erinnerungsgegner zu erstattende Vergütung auf 345,00 € festgesetzt.

II. Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

1.

Streitgegenstand ist die Höhe der zu erstattenden Vergütung durch den Erinnerungsgegner, insbesondere ob für die Verfahrensgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Gebührenrahmen nach Nr. 3102 VV RVG oder nach Nr. 3103 VV RVG zum Ansatz kommt.

2.

Am 29.9.2008 stellte J. H., der vormalige Antragsteller zu 1), für sich und J. H., den vormaligen Antragsteller zu 2), einen Antrag auf Arbeitslosengeld II Leistungen bei der ARGE Passau Land, der vormaligen Antragsgegnerin. Mit Schreiben vom 15.10.2008 zeigte die vormalige Antragsgegnerin an, dass sie wegen Zweifeln am gewöhnlichen Aufenthalt der vormaligen Antragsteller in Deutschland eine Ablehnung beabsichtige. Hierauf gab der Antragsteller zu 1) im Rahmen einer persönlichen Vorsprache vom 22.10.2008 eine umfangreiche Erklärung ab.

Mit Bescheid vom 23.10.2008 lehnte die vormalige Antragsgegnerin den Antrag vom 29.09.2008 unter Hinweis auf § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I ab. Ihrer Ansicht nach hätten die Antragsteller ihren Schwerpunkt der Lebensverhältnisse nicht in Deutschland.

Hiergegen ließ der vormalige Antragsteller zu 1) mit Schreiben der Erinnerungsführerin vom 12.11.2008 bei der vormaligen Antragsgegnerin Widerspruch einlegen.

3.

Ebenfalls am 12.11.2008 ließen die vormaligen Antragsteller durch die Erinnerungsführerin zusätzlich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Landshut stellen.

In diesem der Kostenstreitigkeit zugrundeliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren (S 13 AS 718/08 ER) war zwischen den vormalig Beteiligten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Wege der einstweiligen Anordnung strittig.

In diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren zwischen den vormalig Beteiligten hat der Vorsitzende der zuständigen Kammer des Sozialgerichts Landshut mit Beschluss vom 27.02.2009 den vormaligen Antragstellern Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Landshut ab 13.11.2008 bewilligt und die Erinnerungsführerin beigeordnet.

Der Vorsitzende der zuständigen Kammer des Sozialgerichts Landshut wies mit Beschluss vom 02.03.2009 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Seit 15.12.2008 bestehe durch die Ausreise nach Madagaskar kein Bedürfnis mehr für eine sofortige gerichtliche Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz.

4.

Mit Kostennote vom 10.03.2009, eingegangen beim Sozialgericht Landshut am 12.03.2009, beantragte die Erinnerungsführerin die Vergütung wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

 325,00 €

96 Ablichtungen Nr. 7000 Nr. 1.a) VV RVG

 31,90 €

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

 71,61 €

Endsumme:

 448,51 €

Für die Einreichung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG angefallen. Bei der Bestimmung der zutreffenden Gebühr sei zu beachten, dass wegen der Mehrvertretung der Gebührenrahmen gemäß Nr. 1008 VV RVG anzuheben sei.

Im vorliegenden Fall sei für die Abrechnung des Verfahrens aus dem erhöhten Gebührenrahmen die Mittelgebühr zugrunde gelegt. Hiermit werde der Tatsache Rechnung getragen, dass die Angelegenheit von eher durchschnittlichem Umfang war. Gleichwohl sei die Bearbeitung des Mandats faktisch dadurch erschwert worden, dass die vormaligen Antragsteller noch im Dezember 2008 nach Madagaskar gereist waren. Der Ansatz einer noch niedrigeren Gebühr als der Mittelgebühr sei unter Berücksichtigung der hiermit einhergehenden Erschwernis abzulehnen.

Neben der Verfahrensgebühr seien die Auslagen, nämlich die Post und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7008 VV RVG, die gesetzliche Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7002 VV RVG sowie die Ablichtungen aus Behördenakten gemäß Nr. 7000 Nr. 1 a) VV RVG zu erstatten.

Die Urkundsbeamtin beim Sozialgericht Landshut hat mit Schreiben vom 12.05.2009 ausgeführt, dass 241,00 € als Vergütung für Prozesskostenhilfe angewiesen wurden.

Nachdem die Erinnerungsführerin bereits im Widerspruchsverfahren tätig war, sei die Gebühr der VV 3103 RVG (170,00 €) zugrunde zu legen. Gegen den Ansatz des Mittelwertes bestünden keine Einwände. Die Gebühr der VV 1008 RVG habe die Kostenbeamtin hinzugesetzt (51,00 €), weil die Belange die Bedarfsgemeinschaft betreffen.

Eine Umsatzsteuer sei nicht zu erstatten. Die Erinnerungsführerin habe Leistungen im Inland erbracht für einen Kläger, der seinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt nicht ...

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