Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Erstattungsverlangen des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Vermieter eines Leistungsempfängers aufgrund von direkt an den Vermieter gezahlten Unterkunftskosten. kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Subsidiarität gegenüber spezialgesetzlichen Regelungen
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Geltendmachung einer Erstattungsforderung des Leistungsträgers gegenüber dem Vermieter eines Leistungsempfängers aufgrund von direkt an den Vermieter überwiesenen Unterkunftskosten ist der öffentlich-rechtliche Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.
2. Die Erstattungsforderung kann nicht auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gestützt werden. Dieser ist subsidiär gegenüber ausdrücklich gesetzlich geregelten Erstattungsforderungen und darf insbesondere nicht zur Umgehung spezialgesetzlicher Voraussetzungen führen. Bestehen gesetzliche Sondervorschriften, die die Rückabwicklung von zu Unrecht erbrachten Leistungen regeln, entfalten diese eine "Sperrwirkung" gegenüber dem aus allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen anerkannten allgemeinen Rechtinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches. Existieren Sondervorschriften und können diese nur im Einzelfall nicht zur Durchsetzung kommen, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, muss eine Erstattung insgesamt ausscheiden.
3. Sondervorschriften in diesem Sinne sind in den als abschließend zu beurteilenden § 53 SGB 1 und § 50 SGB 10 enthalten. Es handelt sich bei den Aufhebungs- und Erstattungsforderungen in diesen Büchern um ein in sich geschlossenes Erstattungssystem, für einen zusätzlichen Anspruch aus dem Institut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs verbleibt daneben kein Anwendungsbereich.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Zahlungsverlangens des Klägers gegen den Beklagten als ehemaliger Vermieter eines Leistungsempfängers von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Der Beklagte vermietete mit Mietvertrag vom 27.10.2006 an Herrn M., geboren am 23.09.1989, zum 01.11.2006 eine Wohnung, für die eine monatliche Miete in Höhe von 220,00 Euro vereinbart wurde.
Herr M. bezog ab 01.11.2006 laufend Leistungen nach dem SGB II. Da die Mutter von Herrn M. die Rechtsvorgängerin des klagenden Jobcenters am 26.10.2006 telefonisch darum gebeten hatte, wurden die Miete ab 01.11.2006 direkt an den Beklagten und die Abschläge für Strom in Höhe von 70,- Euro direkt an die Stadtwerke überwiesen.
Mit Bescheid vom 17.04.2008 bewilligte der Kläger Herrn M. für den Zeitraum 01.05.2008 bis 31.10.2008 Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 270,52 Euro. Die Miete wurde weiterhin direkt an den Beklagten überwiesen.
Am 23.04.2008 teilte die Mutter von Herrn M. dem Kläger telefonisch mit, dass Herr M. zum 01.05.2008 umziehen werde, er müsse aus der Wohnung raus. Ab 01.05.2008 sei er bei ihr gemeldet bzw. postalisch erreichbar.
Am 29.04.2008 bat der Kläger bei der zuständigen Bank darum, die für den Monat Mai 2008 angewiesene Miete für Herrn M. nicht auszuzahlen und wieder an den Kläger zurück zu überweisen.
Ebenfalls am 29.04.2008 erließ der Kläger gegenüber Herrn M. einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Der Bewilligungsbescheid vom 17.04.2008 wurde für den Monat Mai 2008 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Der Bescheid wurde auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützt. Herr M. habe entgegen seiner Mitwirkungspflicht die Bescheide durch Angaben erwirkt, die er jedenfalls grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht habe. Der Bescheid dürfe auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Weiter wurde in dem Bescheid die Erstattung der erbrachten Leistungen in Höhe von 270,52 Euro geltend gemacht. Dazu führt der Bescheid im Tenor zu Ziffer 2 wörtlich aus: "Die aufgrund der zurückgenommenen Bescheide erbrachten Leistungen sind in Höhe von 270,52 Euro von Ihnen (Leistungsempfänger) zu erstatten. Dabei wurde die an Ihren Vermieter gezahlte Miete in Höhe von 220,00 Euro per Bankstorno zurückgerufen. Sie haben der ARGE ... lediglich die gewährten Heizkosten in Höhe von 50,52 Euro zu erstatten." In der Begründung wird wörtlich ausgeführt: "Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind als individuelle Ansprüche ausgestaltet. Werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts also dem einzelnen Hilfebedürftigen gewährt, kann auch die Rückabwicklung nur in diesem Verhältnis erfolgen. Demzufolge sind Sie hinsichtlich Ihres Anteils erstattungspflichtig." Auf den Bescheid wird Bezug genommen (Blatt 184 Behördenakte).
Am 02.05.2008 erhielt der Kläger die Mitteilung der überweisenden Bank, dass die R...