Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Kapitalzahlungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung. Versorgungsbezug. fiktive Beitragszahlungen als Versicherungsleistung des versicherten Risikos der Berufsunfähigkeit. Zuordnung zur betrieblichen Sphäre. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Fiktive Beitragszahlungen sollen - aus Gründen, die der Versicherungsvertrag festlegt, vorliegend ist es die Berufsunfähigkeit - lediglich die Fortzahlung der bisherigen Beiträge sicherstellen. Sie geben dem Versicherungsnehmer jedoch keine erweiterte Rechtsposition gegenüber diesen Geldbeträgen wie etwa direkt zufließende Versicherungsleistungen. Vor diesem Hintergrund ist der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts nicht verlassen. Insofern unterliegt bei Einrücken des Versicherten nach Ende seiner Erwerbstätigkeit in die Stellung des Versicherungsnehmers der Anteil einer ausgezahlten Kapitalleistung aus einem von dem früheren Arbeitgeber des Versicherten als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag, der auf fiktiven Beitragszahlungen als Versicherungsleistung des versicherten Risikos der Berufsunfähigkeit aus diesem Vertrag beruht, der Beitragspflicht als Versorgungsbezug (Entgegen LSG Stuttgart vom 22.2.2019 - L 4 KR 620/17).
2. Da fiktiv und tatsächlich gezahlte Beiträge wie gezeigt nicht gleich sind, besteht auch kein Konflikt mit Art 3 Abs 1 GG.
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 29.06.2021 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 31.03.2022 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob eine Kapitalleistung in Höhe von 26.681,88 Euro bei der Festsetzung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen ist.
Der im Jahr 1958 geborene Kläger ist seit dem Jahr 2014 als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied bei der Beklagten. Am 30.03.2021 zahlte ihm die Beigeladene zu 1. die streitgegenständliche Kapitalleistung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung aus.
Mit Bescheid vom 29.06.2021 teilte die Beklagte mit, dass die Kapitalleistung beitragspflichtig sei und der Einmalbetrag auf zehn Jahre (120 Monate) umzurechnen sei. Ab dem 01.04.2021 setzte sie daher die monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung von jeweils 1/120 der streitgegenständlichen Kapitalleistung fest.
Mit Schreiben vom 19.07.2021 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er bereits für die Beiträge, die er an die Beigeladene zu 1. für die Lebensversicherung gezahlt habe, Krankenkassenbeiträge entrichtet habe. Außerdem bestehe keine Beitragspflicht, wenn der Versicherte eine betriebliche Direktversicherung privat fortführe; Ende 2013 sei er vom Vertrag abgemeldet worden.
Die Beigeladene zu 1. erläuterte auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 12.01.2022, dass beim Kläger zum 01.12.2013 eine Berufsunfähigkeit anerkannt worden sei; diese sei noch während der betrieblichen Zeit eingetreten. Die gesamte Auszahlungssumme beruhe daher auf betrieblichen Leistungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2022 wies die Beklagte den Widerspruch daher zurück. Die Kapitalleistung sei unter Zugrundelegung der gesetzlichen Vorschriften und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ordnungsgemäß zur Verbeitragung herangezogen worden. Der monatliche Freibetrag sei berücksichtigt worden; dieser gelten auch bei mehreren Versorgungsbezügen nur einmal.
Hiergegen hat der Kläger am 14.04.2022 mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Zur Begründung hat er vortragen lassen, dass er bei einer entsprechenden Beitragspflicht unangemessen belastet würde. Es sei auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen, denn ein Privatversicherter müsste bei Auszahlung einer entsprechenden Kapitalleistung keine zusätzlichen Beiträge bezahlen. Weiterhin seien Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen, da der Versicherungsbeginn noch im Jahre 2004 gewesen sei. Zugunsten des Klägers sei zudem zu beachten, dass ab dem 01.12.2013 die volle Leistung aus der Berufsunfähigkeitsvorsorge gewährt werde. Schließlich wird hilfsweise die Auffassung vertreten, dass dem Kläger wenigstens ein weiterer Freibetrag zustehe.
Der Kläger beantragt daher,
den Bescheid vom 29.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.03.2022 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger aus der Kapitalleistung der Beigeladenen zu 1. keine Beiträge an die Beklagte zu bezahlen hat.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2. beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag.
Die Beklagte beruft sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beigeladene zu 1. mit Schreiben vom 26.08.2022 mitgeteilt, dass der Kläger zwar zum 01.01.2014 aufgrund seines Ausscheidens bei seinem Arbeitg...