Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Entschädigung ehrenamtlicher Richter für Nachteile bei der Haushaltsführung. Sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Der Haushaltsführer erhält die Entschädigung allein für Nachteile bei der Haushaltsführung nach § 17 JVEG, weder für seinen Ausfall an Zeit (insofern ist § 16 JVEG die speziellere Regelung) noch für einen etwaigen Geldverlust (insofern ist die Haushaltsführung nicht mit einem konkreten Geldwert, der zu- oder abfließt, verbunden); Abgrenzung zu SG Dresden, Beschl. vom 27.05.2003 - S 1 AR 11/03.
2. Der Haushaltsführer erhält nach § 17 JVEG eine Entschädigung für "Nachteile" bei der Haushaltsführung, ohne dass es auf das Vor- oder Nacharbeiten von Haushaltstätigkeiten oder die Ersatzleistungen anderer Haushaltsangehöriger ankommt.
3. Ausnahmsweise wird nach § 17 Satz 3 JVEG eine Entschädigung nicht gewährt, soweit Kosten einer notwendigen Vertretung nach § 7 JVEG erstattet werden; in diesem Fall wird der nun in Geld messbare "Nachteil" auch konkret entschädigt.
4. Eine Entschädigung nach § 17 JVEG kann bei einem ehrenamtlichen Richter, der Rentner ist, schon deshalb nicht beansprucht werden, weil es an dem für den Haushaltsführer erforderlichen Kriterium der "Nichterwerbstätigkeit" fehlt. Arbeitslosengeld, Pension, Rente usw. stellen einen Ersatz für die vorübergehend fehlende oder beendete Beschäftigung dar.
Tenor
I. Die Entschädigung der Antragstellerin als ehrenamtliche Richterin für den Termin am 16.12.2008 wird auf insgesamt 180,00 € festgesetzt.
II. Die Entschädigung der Antragstellerin als ehrenamtliche Richterin für den Termin am 10.02.2009 wird auf insgesamt 140,00 € festgesetzt.
III. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
IV. Die Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist von Beruf Wirtschaftskauffrau/Bürokauffrau. Sie ist nicht erwerbstätig und führt den Haushalt für sich und ihren Ehemann, der sich in Altersrente befindet. Zusätzlich pflegt sie zusammen mit ihrem Ehemann ihre jeweiligen Mütter, die beide schwerbehindert sind, jedoch nicht im Haushalt der Antragstellerin wohnen.
Am 16.12.2008 wurde die Antragstellerin als ehrenamtliche Richterin zur Sitzung der xy. Kammer in der Zeit von 8.30 bis 15.15 Uhr herangezogen; wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Angaben in der Dienstbescheinigung in der Akte verwiesen. Am 10.02.2009 wurde die Antragstellerin wiederum als ehrenamtliche Richterin zur Sitzung der xy. Kammer in der Zeit von 8.30 bis 13.15 Uhr herangezogen; wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit ebenfalls auf die Angaben in der entsprechenden Dienstbescheinigung in der Akte verwiesen. Zugleich gab die Antragstellerin in den Entschädigungsanträgen die Erklärung über die Entschädigung für entgangene Haushaltsführung ab.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle teilt mit Schreiben vom 19.02.2009 der Antragstellerin die Festsetzung der Entschädigung in Höhe von einmal 72,00 € und einmal 56,00 € mit und wies darauf hin, dass eine Haushaltsführerentschädigung nicht gewährt werden könne, weil in Abwesenheit der Antragstellerin deren Ehemann den Haushalt führen könne.
Am 20.04.2009 hat die Antragstellerin die gerichtliche Festsetzung beantragt. Zur Begründung führt sie aus, dass ihr Ehemann Rentner und sie selbst die Haushaltsführerin sei. Daneben pflege sie ihre eigene gehbehinderte und krebskranke Mutter und zusammen mit ihrem Ehemann dessen blinde Mutter. Während ihrer Abwesenheit übernehme ihr Ehemann die Pflege der Mütter, weshalb er nicht in der Lage sei, die anfallenden Tätigkeiten im Haushalt zu übernehmen.
Der Bezirksrevisor beim Sächsischen Landessozialgericht hat zum Antrag am 19.04.2009 Stellung genommen und ausgeführt, dass ein Anspruch auf Haushaltsführerentschädigung nach § 17 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG - nicht bestehe. Zwar werde eine Kausalität für die Haushaltsführung nicht gefordert, jedoch sei Zweck der Regelung nur die Entschädigung des tatsächlichen Ausfalls von Arbeitskraft im Haushalt; bei einem Zweipersonenhaushalt sei es unwahrscheinlich, dass gerade in der Zeit der Abwesenheit zur Ausübung des Ehrenamtes eine Haushaltstätigkeit zu verrichten sei. Es sei der Antragstellerin zuzumuten, die notwendigen Tätigkeiten der Haushaltsführung vor oder nach ihrer Dienstzeit vorzuarbeiten oder nachzuholen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die in der Kostenakte befindlichen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 JVEG zulässig; der Vorsitzende entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 und Satz 3 JVEG allein.
Auf den Antrag erfolgt die Festsetzung im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Soweit die Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 16 JVEG und Fahrtkosten nach § 5 JVEG für beide Sitzungstage betroffen sind, wird auf die zutreffende Abrechnung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Bezu...