Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsnachforderung. Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Gaststätteninhaber. Strohmann. BGB-Gesellschaft. Betreibung einer Gaststätte mit illegaler Prostitution. Arbeitgeberstellung
Orientierungssatz
1. Ist der Gaststätteninhaber lediglich Strohmann/Strohfrau einer BGB-Gesellschaft, die für Dritte eine Gaststätte mit illegaler Prostitution betreibt, begründet die gaststättenrechtliche Erlaubnis allein noch keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung.
2. Die Beitragspflicht knüpft an die konkreten tatsächlichen Verhältnisse an und nicht an eine formale Rechtsposition.
3. Der Strohmann ist nicht "Arbeitgeber" iS des Sozialversicherungsrechts, wenn er weder Kapitalanteile an der Gesellschaft, noch ein Direktionsrecht gegenüber den Beschäftigten hat.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes über die Vollziehbarkeit einer Beitragsnachforderung zur Sozialversicherung.
Am 12.07.2000 beantragte die am 1960 geborene Antragstellerin (Ast) bei der Stadt H. die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft. Zur Begründung führte sie aus, dass sie seit 04.04.1998 selbstständig sei und in L ein Textileinzelhandelsgeschäft unter der Firma X betreibe. Sie sei vorher ein Jahr arbeitslos gewesen und habe während dieser Zeit einen Existenzgründerlehrgang besucht. Eine entsprechende Bescheinigung über die Unterrichtung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Gaststättengesetzes der Industrie- und Handelskammer zu L. vom 12.07.2000 war beigefügt. In der Schankwirtschaft sollten ausschließlich Getränke aller Art, alkoholische und nichtalkoholische, an jedermann abgegeben werden, wobei die tägliche Betriebszeit jeweils mit Eintritt der Sperrzeit enden solle.
Bei einer am 19.07.2000 durchgeführten Überprüfung eines Gaststättenbetriebes wies die Erlaubnisbehörde darauf hin, dass noch bestimmte Beanstandungen bestünden, die von ihr zu beseitigen seien.
Am 02.08.2000 erteilte die Stadt H. der Ast die Erlaubnis zur Betreibung einer Schankwirtschaft, und zwar nur für Getränke und ohne Speisen entsprechend der Sperrzeitverordnung des Landes S-A.
Am 02.12.2000 führte die Stadt H. - Ordnungsamt - von 02.20 Uhr bis 02.35 Uhr eine Betriebskontrolle in dem genannten Betrieb durch. Unter anderem wurde festgestellt, dass nur auf Klingeln hin der Eingang geöffnet worden sei. Die Inhaberkennzeichnung und die Preisliste seien (zumindest in nicht lesbarer Form) nicht am Eingang bzw. der Außenseite angebracht. Der Eingang werde kameraüberwacht.
Infolgedessen erließ die Stadt H. unter dem 29.12.2000 einen Kostenfestsetzungsbescheid in Höhe von 150,00 DM wegen nicht sicht- und lesbar angebrachter Inhaberkennzeichnung sowie Preisliste am Eingang bzw. der Außenseite und unerlaubter Verkürzung der Sperrzeit.
Am 10.01.2001 erfolgte eine weitere Nachschau durch das Ordnungsamt H. Nach dessen Feststellungen handelt es sich um eine unerlaubte Nachtbar. Es sei eine kleine Bühne für Striptease und Tabledance eingerichtet worden, wobei die Durchführung dieser "Veranstaltungen" bauordnungs- und gaststättenrechtlich genehmigungspflichtig sei. Der Betrieb verfüge über Sicherheitsvorkehrungen, die von der Ast nicht ausreichend hätten begründet werden können. Der Preisaushang und die Inhaberkennzeichnung seien zwischenzeitlich am Eingang angebracht worden. Die Ast wurde von den entsprechend festgestellten Beanstandungen in Kenntnis gesetzt und zur Beseitigung der Mängel aufgefordert.
Am 17.01.2001 beantragte die Ast die Verkürzung/Aufhebung der Sperrzeit nach § 4 der Sperrzeitverordnung des Landes S-A. Zur Begründung gab sie an, dass ihre Gaststätte "." gerade kurz vor Beginn der allgemeinen Sperrzeit einen hohen Besucherandrang aufweise. Die Gäste hätten den Wunsch nach Bewirtung und Aufenthalt in ihrer Örtlichkeit, die sich auf einem alleinstehenden Eckgrundstück befinde, geäußert.
Am 19.02.2001 überprüften Mitarbeiter der Stadt H. erneut den Betrieb. Tabledance selbst werde nicht durchgeführt. Das "Tabledance-Podest" solle deshalb als "Blumenständer" umgerüstet werden.
Mit Bescheid vom 06.04.2001 lehnte die Stadt H. - Ordnungsamt - eine Verkürzung der Sperrzeit ab. Sperrzeitverkürzungen seien nur ausnahmsweise in atypischen Fällen erlaubnisfähig. Die Beweislast für einen atypischen Fall liege bei demjenigen, der die Abweichung erstrebe. Wegen der abgeschiedenen Lage der Gaststätte bestehe keine Bedarfslücke für die Allgemeinheit, sondern allenfalls für ein gewisses Stammpublikum. Zwar handele es sich bei der Gaststätte um ein alleinstehendes Eckhaus; es sei aber in eine Straße mit zahlreichen Wohnungen eingebunden, weshalb sich Geräusche wie Parkraumsuchverkehr usw. störend auf die Nachtruhe der ansässigen Wohnbevölkerung auswirke.
Hiergegen legte die von der Ast am 05.02.2001 bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei . (vgl. Blatt 40 der Ordnungsamtsakte) Widerspruch ein. Die große Zahl der Besucher, nicht nur Stammgäste, hätten großes Interesses an einem Betrieb der Gaststätte "." auch über 01.00 Uhr hinaus. Von...