Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücküberweisung von für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesenen Rente. Entreicherungseinwand. Unkenntnis des Namens und der Anschrift des Verfügenden am Geldautomaten. Abhebung mittels PIN und Bankcard
Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung des Entreicherungseinwandes des § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 ist die Wirksamkeit der das Kontoguthaben schmälernden Verfügungen. Dabei ist in Akzessorietät zum Zivilrecht maßgebend, ob das Kreditinstitut durch die Verfügungen gegenüber dem Kontoinhaber bzw seinen Erben von einer Verbindlichkeit aus dem Bankvertrag befreit wurde. Das ist unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl BGH vom 5.10.2004 - XI ZR 210/03 = BGHZ 160, 308) der Fall, wenn nach dem Tod der Versicherten mittels PIN und Bankkarte Abhebungen von einem Bankkonto vorgenommen wurden und sich andere Ursachen für den Missbrauch als ein grob fahrlässiger Umgang der Versicherten mit der PIN nicht aufdrängen, insbesondere keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bankkarte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch die Versicherte an einem Geldausgabeautomaten entwendet worden sein könnte.
2. Die nach dem Gesetzeswortlaut (§ 118 Abs 4 S 2 SGB 6 in der Fassung des Art 1 Nr 20 des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl I 1995, 1824); jetzt: § 118 Abs 4 S 4 SGB 6) bestehende Obliegenheit des Geldinstituts, Namen und Anschrift der Verfügenden und Empfänger anzugeben, ist im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend einzuschränken, dass der Entreicherungseinwand des § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 dann nicht entfällt, wenn das Geldinstitut die Person des Empfängers oder Verfügenden nicht kennt und auch nicht ermitteln kann. Es liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Gesetzgeber habe die objektive Unmöglichkeit, Namen und Anschrift des Empfängers oder Verfügenden zu benennen, mit dem Wegfall des Entreicherungseinwandes sanktionieren wollen. Eine Einstandspflicht des Geldinstitutes für die missbräuchliche Verwendung von ec- oder Bankkarten würde den typisierten Interessenausgleich des § 118 Abs 3 SGB 6 einseitig zu Gunsten des Rentenversicherungsträgers überdehnen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Die Revision wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rücküberweisung von nach dem Tod einer Versicherten zu Unrecht erbrachten Geldleistungen nach § 118 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Die Klägerin gewährte der im März 2002 verstorbenen Versicherten … eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe eines Nettozahlbetrages von zuletzt 679,60 Euro monatlich und überwies diesen Betrag auch für den Monat April 2002 auf das Konto der Versicherten bei der Beklagten.
Mit Schreiben vom 05. April 2002, welches am 12. April 2002 bei der Beklagten einging, forderte die Klägerin von der Beklagten die Rückzahlung eines Betrages von 663,49 Euro, der sich aus der Nettozahlung von 679,60 Euro abzüglich der für den Todesmonat ab dem Todestag ergebenden Eigenanteile des Rentners zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 12,49 Euro (vgl. Blatt 69 der Verwaltungsakte) ergab. Mit Schreiben vom 16. April 2002 und 14. Mai 2002 lehnte die Beklagte eine Rückzahlung der über den Sterbemonat hinaus überwiesenen Rentenbeträge ab, weil das Konto kein Guthaben aufweise. Der Kontostand im Zeitpunkt der Gutschrift am 28. März 2002 habe 0,85 Euro betragen. Der sich nach Eingang der Rentenzahlung ergebende Saldo von 680,45 Euro sei durch Verfügungen am Geldautomaten mittels Bankkarte und Eingabe der PIN am 28. März 2002 um 500,00 Euro und am 30. März 2002 um weitere 180,00 Euro geschmälert worden. Nach Ausführung zweier Lastschriften am 04. April 2002 in Höhe von 12,22 Euro zu Gunsten der P. und am 09. April 2002 in Höhe von 27,21 Euro zu Gunsten der T. habe das Konto bei Eingang der Rückforderung am 12. April 2002 einen Negativsaldo von 38,98 Euro aufgewiesen und sei hiermit am 29. April 2003 aufgelöst worden. Die Barabhebungen am Geldautomaten seien von einer unbekannten Person durchgeführt worden; eine Vollmacht für ihr Konto habe die Versicherte nicht erteilt.
Mit Schreiben vom 02. Mai 2005 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 663,49 Euro auf und führte zur Begründung aus, das Geldinstitut sei nach § 118 Abs. 3 SGB VI auch dann erstattungspflichtig, wenn ein Verfügender nicht festgestellt werden könne. Da die Abhebungen nach dem Tod der Kontoinhaberin erfolgt seien, hätten sie nicht von einem Berechtigten veranlasst worden sein können. Die Beklagte lehnte die Rücküberweisung mit Schreiben vom 24. Mai 2005 ab, woraufhin die Klägerin am 24. August 2005 Klage zum Sozialgericht erhob.
Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe d...