Entscheidungsstichwort (Thema)

Kriegsopferversorgung. Beitrittsgebiet. abgesenkte Schwerstbeschädigtenzulage. abgesenkte Ausgleichsrente. Rechtmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Rechtmäßigkeit der Absenkung der Schwerstbeschädigtenzulage und der Ausgleichsrente gemäß § 84a BVG.

2. Bei der Schwerstbeschädigtenzulage ist keine besondere immaterielle Komponente, wie sie das Bundesverfassungsgericht der Grundrente zugestanden hat, erkennbar (vgl BVerfG vom 14.3.2000 - 1 BvR 284/96 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 = BVerfGE 102, 41).

3. Anders als Sinn und Zweck der Grundrente ist das Ziel der Ausgleichsrente, bei Zusammenrechnung mit den Grundrenten den notwendigen Lebensunterhalt zu sichern; sie sind stets vom sonstigen Einkommen und damit vom individuellen Bedarf abhängig, also vornehmlich Ausdruck des Fürsorgeprinzips.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.06.2003; Aktenzeichen B 9 V 2/02 R)

 

Tatbestand

Die Klägerin bezieht neben der Grundrente "abgesenkte" Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und verlangt, wie eine Beschädigte in den alten Bundesländern behandelt zu werden.

Die 1932 geborene Beschädigte verlor infolge Panzerbeschuss im April 1945 in A bei R ihr rechtes Auge und erlitt Splitterverletzungen am linken Auge und am linken Arm. Ihr linker Unterarm musste daraufhin amputiert werden. Sie bezog nach dem Recht der ehemaligen DDR ab 07.11.1968 Invalidenrente.

Am 04.12.1990 beantragte sie Versorgung nach dem BVG. Mit Bescheid vom 01.08.1994 erkannte der Beklagte als Schädigungsfolge "Verlust des rechten Auges, Erblindung des linken Auges, Verlust des Armes im linken Unterarm" an, setzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 100 v.H. ab 01.01.1991 fest und gewährte Berufsschadensausgleich, Schwerstbeschädigtenzulage nach der Stufe III, Pflegezulage nach der Stufe III, Kleiderverschleißpauschale und Beihilfe für fremde Führung.

Gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -- SGB X -- i.V.m. § 35 BVG wurde der Bescheid vom 01.08.1994 mit Wirkung ab 01.01.1994 insoweit zurückgenommen, als ihr darin Pflegezulage nur nach der Stufe III bewilligt wurde. Sie erhielt ab 01.01.1994 Pflegezulage nach Stufe IV. Zuletzt hat die Beklagte die Neuberechnung der Versorgungsbezüge in der Anlage zum Rücknahmebescheid vom 02.02.1998 vorgenommen, die auch über den 31.12.1998 bestandskräftig geblieben ist.

Mit Bescheid vom 29.05.2000 bewilligte die Beklagte mit Wirkung ab 01.01.1999 Beschädigtengrundrente gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG in Höhe der in den alten Bundesländern geltenden Beträge. Auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14.03.2000 -- Az: 1 BvR 284/96 -- wurde § 84 a BVG mit Wirkung ab 01.01.1999 insoweit für nichtig erklärt, als er eine Absenkung der Beschädigtengrundrente im Beitrittsgebiet für Kriegsopfer vorsieht. Deshalb korrigierte die Beklagte hinsichtlich der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG alle ab 01.01.1999 ergangenen Bescheide. Der Prozessbevollmächtigte der Beschädigten beantragte am 05.06.2000 (bei der Beklagten zugegangen) unter Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14.03.2000 auch die Absenkung der Schwerstbeschädigtenzulage zurückzunehmen.

Die Beklagte wies den Antrag auf Rücknahme bezüglich der Erhöhung der Schwerstbeschädigtenzulage auf die Höhe der in den alten Bundesländern geltenden Beträge mit Bescheid vom 09.06.2000 zurück. Für die Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 Abs. 5 BVG gelte der § 84 a BVG uneingeschränkt weiter, so dass diese Leistungen in der Vergangenheit zu Recht um den im Beitrittsgebiet gültigen vom Hundertsatz abgesenkt worden seien.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin widersprach dem Bescheid vom 09.06.2000, der Beklagten am 04.07.2000 zugegangen und beantragte ergänzend die Anhebung der Ausgleichsrente ab 01.01.1999 analog der Grundrente. Zugleich wurde die Erhöhung aller übrigen Versorgungsleistungen ab 01.07.2000 bzw. 01.07.2001 um den geminderten Anpassungssatz der gesetzlichen Rentenversicherung begehrt.

Die Beklagte hat den Antrag auf Rücknahme der ab 01.01.1999 ergangenen Bescheide bezüglich der Erhöhung der Ausgleichsrente auf die Höhe der in den alten Bundesländern geltenden Beträge mit Bescheid vom 11.07.2000 abgelehnt, da sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf den Anspruch auf Gewährung einer Ausgleichsrente bezieht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2000 hat die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 09.06.2000 und 27.06.2000 und 11.07.2000 zurückgewiesen, da sie der bestehenden Rechtslage entsprechen und nicht zu beanstanden seien. Hinsichtlich der geforderten Anpassung der Versorgungsbezüge ab 01.07.2000 wird verwiesen auf Art. 18 des Haushaltssanierungsgesetzes vom 22.12.1999, mit dem § 56 BVG ein neuer Abs. 3 hinzugefügt worden sei. Danach sei abweichend vom § 56 Abs. 1 BVG in den Jahren 2000 und 2001 die dort genannten Versorgungsleistungen jährlich zum 01.07. entsprechend dem vom Hundertsatz anzupassen, um den sich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung ...

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