Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. kein Ruhen des Krankengeldanspruches während eines Auslandaufenthaltes bei ermessensfehlerhafter Zustimmungsverweigerung durch die Krankenkasse
Leitsatz (amtlich)
Ein Ruhen des Krankengeldanspruches während eines Auslandaufenthaltes ist ausgeschlossen, wenn die Krankenkasse ermessensfehlerhaft ihre Zustimmung hierzu verweigert hat.
Tenor
I. Der Bescheid vom 21.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, den Zeitraum des Auslandsurlaubs der Klägerin in Ägypten zu genehmigen und der Klägerin auch für diesen Zeitraum Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Krankengeldes während eines Auslandsurlaubs.
Die am …1956 geborene Klägerin ist gelernte Industriekauffrau und war Mitarbeiterin einer Versandabteilung. Im September 2012 buchte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Urlaub in Ägypten.
Am 15.10.2012 bescheinigte ihr die behandelnden Ärztin Dipl.-Med. C... Arbeitsunfähigkeit wegen T73.3G (Erschöpfung, durch übermäßige Anstrengung). Laut Entgeltbescheinigung der …GmbH & Co. KG vom 25.10.2012 bezieht die Klägerin ein monatliches Bruttogehalt von 2.452,88 €, netto 1.674,50 €.
Laut Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Frau Dipl.-Med. B… nach Rücksprache mit der behandelnden Hausärztin Frau Dipl.-Med. C... vom 22.10.2012 bestand keinerlei Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit. Die Deutsche Rentenversicherung Bund lehnte einen Antrag der Klägerin auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ab, weil kein Rehabilitationsbedarf bestehe. Eine Fortsetzung der ambulanten fachärztlichen Behandlung sei ausreichend.
Die Klägerin machte unter dem 24.10.2012 geltend, unter Schlafstörungen, Nervosität, Depressionen, Konzentrationsschwächen, mangelnde Belastbarkeit und Essstörungen zu leiden.
Daraufhin bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 26.10.2012 ab 27.10.2012 kalendertägliches Krankengeld in Höhe von 54,98 € bei einem Auszahlungsbetrag von 48,23 €.
Am 19.12.2012 beantragte die Klägerin die Genehmigung des bereits im September 2012 gebuchten Auslandsurlaubes für den Zeitraum Januar 2013.
Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psychologe D... lag vor. Danach liege eine Anpassungsstörung vor. Im Hinblick hierauf und unter der Berücksichtigung der augenblicklichen Lebenssituation bestünden aus psychotherapeutischer Sicht keine Bedenken gegen einen Auslandsurlaub im Januar 2013. Eine derartige Erfahrung, gemeinsam mit ihrem Ehemann, könne den Krankheitsverlauf sehr wahrscheinlich sogar vorteilhaft beeinflussen. Auch die behandelnde Internistin Dr. W. bescheinigte am 18.12.2012, dass aus ärztlicher Sicht keine Probleme für den Auslandsurlaub ersichtlich seien. Im Gegenteil werde sich ein Urlaub psychisch positiv auswirken.
Durch Bescheid vom 21.12.2012 verfügte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld, solange sich die Versicherte im Ausland aufhalte. Dem Urlaub in Ägypten stimme sie nicht zu, weil eine Urlaubsreise - “egal wie sie organisiert" werde - immer mit erhöhter Stressbelastung verbunden sei. Die Vorbereitung und Durchführung eines Urlaubs stelle komplexe Anforderungen an Planungsfähigkeiten im Rahmen der Reisevorbereitungen dar, an Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, klimatische Veränderungen oder anderes Essen. Diese Belastungen entsprächen einer mindestens leichten körperlichen Tätigkeit. Dennoch werde sie ihre Unterlagen an den MDK weiterleiten.
Vom 18.01. bis 01.02.2013 trat die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann den gebuchten Urlaub in Ägypten an.
Am 21.01.2013 erhob sie über ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch. Der Urlaub beeinträchtige nicht den Heilungsverlauf. Bei einer psychischen Dauererkrankung werde die Genesung durch einen Urlaub beschleunigt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 10.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie könne keine Zustimmung für den Auslandsurlaub erteilen, weil dadurch der Heilungsprozess gefährdet werde. Bei Erschöpfung könnten weitere Strapazen und psychische Belastungen die Arbeitsunfähigkeit sogar noch verlängern. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass während des Auslandsurlaubs der Krankheitsfall medizinisch abgesichert werden könne.
Die Klägerin hat deswegen am 07.08.2013 unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Widerspruch Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben.
Das Gericht hat Befundberichte des Dipl.-Psychologen D... vom 14.10.2013 und Frau Dipl.-Med. C... vom 09.10.2013 eingeholt. Am 17.02.2015 hat ein Erörterungstermin vor dem Vorsitzenden stattgefunden; auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 21.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auch im Zeitraum 18.01. bis 01.02.2013 Kranke...