Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitgeber. Sozialversicherung. Beitragspflicht. Bardame eines illegal betriebenen Bordells. Strohfrau. BGB-Gesellschaft. Kapitalbeteiligung. Weisungsbefugnis. Arbeitgebereigenschaft
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeitgebereigenschaft im sozialversicherungsrechtlichen Sinne setzt eine entsprechend gewichtige Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft und/oder eine tatsächlich ausgeübte Weisungsbefugnis voraus. Die Bardame eines illegal betriebenen Bordells ist damit nicht beitragspflichtig, wenn sie zwar im Besitz einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis, tatsächlich aber nur "Strohfrau" gewesen ist.
Tenor
I. Der Bescheid vom 17.09.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2004 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Beitragsnachforderung zur Sozialversicherung.
Am 12.07.2000 beantragte die 1960 geborene Klägerin bei der Stadt G... die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft. Zur Begründung führte sie aus, dass sie seit 04.04.1998 selbstständig sei und in A... ein Textileinzelhandelsgeschäft unter der Firma “G…. L….„ betreibe. Sie sei vorher ein Jahr arbeitslos gewesen und habe während dieser Zeit einen Existenzgründerlehrgang besucht. Eine entsprechende Bescheinigung über die Unterrichtung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Gaststättengesetzes der Industrie- und Handelskammer zu A... vom 12.07.2000 war beigefügt. In der Schankwirtschaft sollten ausschließlich Getränke aller Art, alkoholische und nichtalkoholische, an jedermann abgegeben werden, wobei die tägliche Betriebszeit jeweils mit Eintritt der Sperrzeit enden solle.
Bei einer am 19.07.2000 durchgeführten Überprüfung des Gaststättenbetriebes wies die Erlaubnisbehörde darauf hin, dass noch bestimmte Beanstandungen bestünden, die von ihr zu beseitigen seien.
Am 02.08.2000 erteilte die Stadt G... der Klägerin die Erlaubnis zur Betreibung einer Schankwirtschaft, und zwar nur für Getränke und ohne Speisen entsprechend der Sperrzeitverordnung des Landes Sachsen-Anhalt.
Am 02.12.2000 führte die Stadt G... - Ordnungsamt - von 02.20 Uhr bis 02.35 Uhr eine Betriebskontrolle in dem “D…. & N….„ genannten Betrieb durch. Unter anderem wurde festgestellt, dass nur auf Klingeln hin der Eingang geöffnet worden sei. Inhaberbezeichnung und Preisliste seien nicht (zumindest in nicht lesbarer Form) am Eingang bzw. der Außenseite angebracht. Der Eingang werde kameraüberwacht.
Infolgedessen erließ die Stadt G... unter dem 29.12.2000 einen Kostenfestsetzungsbescheid in Höhe von 150,00 DM wegen nicht sicht- und lesbar angebrachter Inhaberkennzeichnung und Preisliste am Eingang bzw. der Außenseite und unerlaubter Verkürzung der Sperrzeit.
Am 10.01.2001 erfolgte eine weitere Nachschau durch das Ordnungsamt G... Nach dessen Feststellungen handelt es sich um eine unerlaubte Nachtbar, wenngleich Preisaushang und Inhaberkennzeichnung zwischenzeitlich am Eingang angebracht worden seien. Es sei eine kleine Bühne für Striptease und Tabledance eingerichtet worden, wobei die Durchführung dieser “Veranstaltungen„ bauordnungs- und gaststättenrechtlich genehmigungspflichtig seien. Der Betrieb verfüge über Sicherheitsvorkehrungen, die von der Klägerin nicht ausreichend hätten begründet werden können.
Die Klägerin wurde von den entsprechend festgestellten Beanstandungen in Kenntnis gesetzt und zur Beseitigung der Mängel aufgefordert.
Am 17.01.2001 beantragte die Klägerin die Verkürzung / Aufhebung der Sperrzeit nach § 4 der Sperrzeitverordnung des Landes Sachsen-Anhalt, weil die Gaststätte “D…. & N….„ kurz vor Beginn der allgemeinen Sperrzeit einen hohen Besucherandrang aufweise. Die Gäste hätten ausdrücklich den Wunsch nach Bewirtung und Aufenthalt in der Örtlichkeit, die sich auf einem allein stehenden Eckgrundstück befinde, geäußert.
Am 19.02.2001 überprüften Mitarbeiter der Stadt G... erneut den Betrieb. Tabledance selbst werde nicht durchgeführt, weshalb das “Tabledance-Podest„ als “Blumenständer„ umgerüstet werden solle.
Mit Bescheid vom 06.04.2001 lehnte die Stadt G... - Ordnungsamt - eine Verkürzung der Sperrzeit ab. Sperrzeitverkürzungen seien nur ausnahmsweise in atypischen Fällen erlaubnisfähig. Die Beweislast für einen atypischen Fall liege bei demjenigen, der die Abweichung erstrebe. Wegen der abgeschiedenen Lage der Gaststätte bestehe keine Bedarfslücke für die Allgemeinheit, sondern allenfalls für ein gewisses “Stammpublikum„. Zwar handele es sich bei der Gaststätte um ein allein stehendes Eckhaus; es sei aber in eine Straße mit zahlreichen Wohnungen eingebunden, sodass sich Geräusche, wie Parkraumsuchverkehr usw. störend auf die Nachtruhe der ansässigen Wohnbevölkerung auswirkten.
Hiergegen legte die von der Klägerin am 05.02.2001 bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei B…. & Kollegen (vgl. Blatt 40 der Ordnungsamtsakte) Widerspruch ein. Die große Zahl der Besucher, nicht nur “Stammgäste„, hätten großes Interesse an einem Betrieb der Gaststätte “D…. & N….„, auch über 01.00 Uhr hinaus. V...