Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet. tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt. Jahresendprämie
Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitsentgelte iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG sind entsprechend der Definition des § 14 Abs 1 S 1 SGB 4 alle Geld- und geldwerten Sachleistungen, die dem Betreffenden im ursächlichen Zusammenhang mit einer abhängigen Beschäftigung aufgrund des jeweiligen Betriebskollektiv- oder Arbeitsvertrags in der Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gemäß § 1 Abs 1 AAÜG zuflossen, sofern hierauf - entsprechend den im Zuflusszeitpunkt geltenden Bestimmungen des Steuerrechts der DDR - (Lohn-) Steuer gezahlt wurde (Entgegen BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4).
2. Die in der volkseigenen Wirtschaft der DDR gezahlten Jahresendprämien sind daher ebenso wie andere in DDR im Zuflusszeitpunkt steuerfreie Entgeltbestandteile von den Versorgungsträgern nicht als Arbeitsentgelt iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG festzustellen.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung von Jahresendprämien als Arbeitsentgelt gemäß § 6 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) im Zeitraum ihrer Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) gemäß Nr. 1 Anlage 1 zu § 1 Abs. 2 AAÜG.
Die am 12. Dezember 1947 geborene Klägerin studierte während einer Beschäftigung im VEB C... an der Fachschule für Ingenieurökonomie Plauen in der Fachrichtung Ökonomie des Maschinenbaus. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums war sie seit 7. Januar 1975 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen. Vom 1. Januar 1975 bis 12. Januar 1977 arbeitete sie als Gruppenleiterin Wissenschaftliche Arbeitsorganisation (WAO) im VEB D..., vom 24. September 1979 bis 30. Juli 1982 war sie als WAO-Fachkader im VEB E... beschäftigt, danach vom 1. August 1982 bis 30. Juni 1990 als Gruppenleiterin Planung im VEB F... .
Unter dem 12. Februar 2002 beantragte die Klägerin die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften nach dem AAÜG. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2002 ab, da am 30. Juni 1990 nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech vorgelegen hätten. Nachdem der Widerspruch gegen diesen Bescheid erfolglos geblieben war, erhob die Klägerin am 11. Juli 2003 Klage zum Sozialgericht Leipzig (Az. S 3 RA 905/03 ZV). Der Rechtsstreit endete in der Berufungsinstanz mit einer übereinstimmenden Erledigungserklärung nach außergerichtlichem Vergleich. Darin hatte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 AAÜG anerkannt. In der Folge erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 22. März 2007 die Zeiträume vom 1. Januar 1975 bis 12. Januar 1977 und vom 24. September 1979 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech an. Als tatsächliche Arbeitsentgelte stellte sie die von den Arbeitgebern bescheinigten Bruttoverdienste fest bzw. schätzte für die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 12. Januar 1977 das Arbeitsentgelt auf Grundlage der Werte in Anlage 14 und Anlage 10 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Der Bescheid vom 29. Mai 2002 wurde zugleich aufgehoben.
In einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 25. Oktober 2007 beantragte die Klägerin die Berücksichtigung von Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Zeitraum der Zugehörigkeit zur AVItech auf Grundlage der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 4/06 R).
Nachdem weder die Klägerin Nachweise über den Erhalt der Jahresendprämien vorlegen konnte, noch die Arbeitgeber- und Archivanfragen der Beklagten Aufschluss über die Zahlung von Jahresendprämien ergaben, lehnte die Beklagte die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte mit Bescheid vom 18. Juni 2008 ab. Der Bescheid vom 22. März 2007 sei nicht gemäß § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) abzuändern, da die geltend gemachten weiteren Arbeitsentgelte weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 1. Juli 2008 Widerspruch ein. Sie erklärte an Eides statt, dass sie zwischen 1971 und 1990 - mit Ausnahme der Jahre 1977 und 1978 - jährlich eine Jahresendprämie erhalten habe. Sie empfinde es im Übrigen als Diskriminierung, dass die Beklagte vornehmlich SED-Parteibücher als Nachweis über die Zahlung von Jahresendprämien anerkenne. Ferner legte die Klägerin die schriftliche Zeugenaussage von Frau G... vom 20. August 2008 vor, in der diese bestätigte, dass der Klägerin von 1982 bis 1990 Jahresendprämien in bestimmter Höhe ausgezahlt wurden. Frau G.... war nach eigenen Angaben im VEB F... für die Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie die Abrechnung der Jahresendprämien zuständig.
Die Beklagte wies den Widerspruch jedoch mit Bescheid vom 6. November 2008 zurück. Dass der Klägerin Jahresendprämien ausgezahlt wurden, sei nach wie vor weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Denn Anspruch ...