Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragspflicht. Beitragsfreiheit. Elterngeldbezug. Unterbrechung. Insolvenz des Arbeitgebers. kein Fortbestehen der Pflichtmitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB 5. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ist der Elterngeldbezug unterbrochen und der Arbeitgeber zwischenzeitlich insolvent geworden, liegt kein Versicherungspflicht-Tatbestand mehr vor, aufgrund dessen (ausnahmsweise) weiterhin Beitragsfreiheit zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gewährt werden kann.
Orientierungssatz
Wenn die unterschiedliche Behandlung freiwillig Versicherter und Versicherungspflichtiger, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB 5 nur auf Grund des Erziehungsgeldbezuges aufrecht erhalten blieb, verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl BSG vom 26.05.2004 - B 12 P 6/03 R = SozR 4-2500 § 224 Nr 1), muss dies erst recht für den Fall gelten, dass die ausnahmsweise Privilegierung Versicherungspflichtiger durch Beitragsfreiheit entfällt, weil die Voraussetzungen hierfür, die an den fortlaufenden Elterngeldbezug anknüpfen, nicht mehr gegeben sind.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1981 geborene Klägerin war beschäftigt beim “Brennstoffhandel S...„. Vom 14.04. bis 31.07.2008 bezog sie Mutterschaftsgeld bzw. einen Zuschuss und gebar am 04.06.2008 ihre Tochter M... Anschließend bezog sie vom 04.06. bis 03.08.2008, sowie vom 04.09.2008 bis 03.01.2009 und vom 04.03.2009 bis 03.05.2009 Elterngeld.
Nach Insolvenz des Arbeitgebers und Kündigung des Insolvenzverwalters hatte sie ihren Arbeitsplatz zum 01.08.2008 verloren; das Regierungspräsidium Leipzig hatte durch Bescheid vom 06.06.2008 die Kündigung für zulässig erklärt.
Mit Bescheid vom 07.11.2008 stellte sie die Beklagte vom 01.08. bis 03.08.2008 beitragsfrei, denn ihr versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis habe zum 31.07.2008 geendet. Während des Erziehungsurlaubs könne sie jedoch nicht beitragsfrei gestellt werden, weil dies nur bei einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis möglich sei. Da ihr Ehemann privat versichert sei, könne keine Familienversicherung durchgeführt werden. Die Mitgliedschaft als nicht erwerbstätige Ehefrau werde indes fortgesetzt, sie müsse dann aber einkommensabhängige Beiträge leisten.
Hiergegen legte die Klägerin am 13.11.2008 bzw. 05.12.2008 Widerspruch ein. Während der Elternzeit müsse die beitragsfreie Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung fortgeführt werden. Sie befinde sich im Elternjahr, so dass die Bundesagentur für Arbeit sie nicht als arbeitsuchend führen könne. Sie sei nicht freiwillig versichert und erziele während der Elternzeit kein eigenes Arbeitseinkommen.
Am 20.02.2009 beantragte sie unter Vorbehalt die Weiterversicherung ohne Beitragszahlung.
Durch Widerspruchsbescheid vom 04.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses ende auch die mit dem Arbeitgeber vereinbarte Elternzeit zum 31.07.2008. Damit scheide eine Weiterversicherung auf der Grundlage der Elternzeit ab dem 01.08.2008 aus. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibe erhalten, solange nach den gesetzlichen Vorschriften Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen werde. Geregelt werde dadurch lediglich das Fortbestehen der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger, ein späterer, gegebenenfalls erneut eigenständiger Eintritt von Versicherungspflicht sei nicht vorgesehen. Mit Unterbrechung des Elterngeldbezuges zum 03.08.2008 ende auch die Weiterversicherung als Versicherungspflichtige zu diesem Zeitpunkt. Seit 04.08.2008 bestehe die Versicherungspflicht nicht mehr fort, ohne durch erneuten Erziehungsgeldbezug (wohl richtig: Elterngeldbezug) ab 03.09.2008 (wohl richtig: 04.09.2008) wieder aufzuleben. Beitragsfreiheit sei weder im Falle der freiwilligen Versicherung, noch als Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) möglich. Sie könne sich indes privat versichern.
Die Klägerin hat deswegen am 03.04.2009 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Durch die Insolvenz ihres Arbeitgebers könne sie nicht schlechter gestellt werden. Nur wegen dessen Zahlungsunfähigkeit habe ihre Pflichtversicherung geendet. Da sie Elternzeit in Anspruch genommen und Elterngeld bezogen habe, bleibe die Pflichtversicherung erhalten.
Unter dem 22.04.2009 und 23.04.2009 erließ die Beklagte Beitragsbescheide, betreffend den Zeitraum August 2008 bis Februar 2009. Nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung sind diese Bescheide jedoch nicht mehr streitgegenständlich, weil die Klägerin zwischenzeitlich vom Einkommen des Ehemannes abhängige freiwillige Beiträge gezahlt und für die Säumniszuschläge eine entsprechende Stundungsvereinbarung abgeschlossen habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 07.11.2008 in Ges...