Leitsatz (amtlich)

1. Eine ohne Begründung erhobene Gegenvorstellung ist unzulässig.

2. Das Ziel einer Gegenvorstellung, den Fachgerichten die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Verhalten unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, kann ohne eine rechtliche Begründung nicht erreicht werden.

 

Tenor

Die Erinnerung vom 23.06.2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

In der Hauptsache war die Verrechnung einer Forderung der beigeladenen Krankenkasse mit einer laufenden Zahlung der Beklagten in Höhe von monatlich 237,00 €. Durch Gerichtsbescheid vom 17.03.2008 wurden die angefochtenen Bescheide aufgehoben und der Beklagten die notwendigen außergerichtlichten Kosten des Klägers auferlegt.

Am 29.04.2008 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, die zu erstattenden Kosten auf 1.235,10 € festzusetzen. Dagegen wandte sich die Beklagte am 27.05.2008 und erklärte sich mit einer Festsetzung der zu erstattenden Kosten in Höhe von 842,40 € einverstanden.

Durch Beschluss vom 10.06.2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die von der Beklagten dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 837,30 € fest.

Gegen den am 13.06.2008 zur Post gegebenen Beschluss richtet sich die am 23.06.2008 bei dem Sozialgericht Lübeck eingegangene Erinnerung.

Der Erinnerungsführer beantragt,

die Kosten antragsgemäß festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt,

die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die Erinnerung ist zulässig (§ 197 Abs. 2 SGG), jedoch unbegründet. Zutreffend hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem Kläger von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 837,30 € festgesetzt.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anwendbar ist, wie in allen Verfahren gemäß § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG), entstehen Beitragsrahmengebühren (vgl. § 3 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG). Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 RVG).

Ist die Gebühr von der Staatskasse zu ersetzen - wie es vorliegend der Fall ist -, dann ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Un-billigkeit liegt vor, wenn die in § 14 Satz 1 aufgeführten Kriterien - auch unter Berücksichtigung eines gewissen Beurteilungsspielraumes - objektiv nicht hinreichend beachtet sind. Eine Abweichung um kleinere Beträge rechtfertigt in der Regel keine Abstriche. Wann eine Unbilligkeit im Sinne von § 14 RVG vorliegt, wird in der Rechtsprechung sehr unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird eine Überschreitung von 10 % für unbillig erachtet, wieder andere halten eine Abweichung von bis zu 20 v. H. gegenüber dem Angemessenen für vertretbar. Manche sehen eine Abweichung erst ab 20 v. H als unbillig an oder sogar erst ab 30 v. H. (vgl. zu allem Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage § 14 Rd.-Nr. 24 m. w. N.). Wie jedoch bei jeder Ausübung von Ermessen ist Schematismus zu vermeiden. Insoweit kann jedenfalls nicht generell ein Toleranzbereich von 20 v. H. zugestanden werden.

Vorliegend ist die beantragte Festsetzung der Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren, der Verfahrensgebühr nach der Nr. 3103 VVRVG und der Terminsgebühr nach der Nr. 3106 VVRVG unbillig, da die beantragten Höchstgebühren zwischen 40 % und 73 % über der zustehenden Gebühr liegen.

Nach der Nr. 2401 VVRVG beträgt die Mittelgebühr für ein Widerspruchsverfahren 150,00 €. Allerdings weist die Anmerkung Nr. 2 darauf hin, dass eine Gebühr von mehr als 120,00 € nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist bei der Festsetzung der Gebühr auf 150,00 € angemessen berücksichtigt worden. Eine darüber liegende Gebühr lässt sich nicht begründen.

Nach der Nr. 3103 i.V.m. Nr. 3102 VVRVG beträgt die Verfahrensgebühr bei einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren 20,00 € bis 320,00 €, die Mittelgebühr beträgt mithin 170,00 €. Auch hier ist die Schwierigkeit der Materie dahingehend berücksichtigt worden, dass die Mittelgebühr um 35 v. H. auf 230,00 € angehoben wurde. Eine weitere Erhöhung und die Festsetzung der Höchstgebühr lässt sich nach Aktenlage ebenfalls nicht begründen. Es kann dahinstehen, ob die in dem Beschluss vom Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht vom 12.09.2006 - L 1 B 320/05 SF SK - angeführten Kriterien lediglich für ein normales Verfahren gelten oder auch eine Bewertung bezüglich der Schwierigkeit enthalten. Denn die Regelung nach § 14 RVG stellt nicht allein auf den Umfang oder die Schwierigkeit ab und die Anhebung der Mittelgebühr um 35 v. H. berücksichtigt die Schwierigkeit in angemessenem Umfang.

Gleiches gilt für die Terminsgebühr n...

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