Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktive Terminsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Bei der fiktiven Terminsgebühr nach der Nr 3106 VV RVG Nr 3 ist die hypothetische Dauer des Termins bei der fiktiven Ermittlung des anwaltlichen Aufwandes nicht ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Verfahrensstandes zu ermitteln. Für die Annahme eines Anerkenntnisses bedarf es nur eines kurzen Termins, so dass die Hälfte der Mittelgebühr angemessen und ausreichend ist.
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
In der Hauptsache war die Übernahme der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe streitig. Der Klage vom 11. Juli 2007 half die Beklagte durch Änderungsbescheid vom 6. Dezember 2007 ab. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 nahm die Klägerin das Anerkenntnis an. Angesichts des Kostengrundanerkenntnisses erklärte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2007 bereit, die Kosten in folgender Höhe zu übernehmen:
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Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG |
250,00 € |
Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV RVG |
20,00 € |
Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
insges. einschließlich Umsatzsteuer |
345,10 € |
Unter dem 27. Dezember 2007 hat die Klägerin die Festsetzung der Kosten in folgender Höhe bei dem Sozialgericht Lübeck beantragt:
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Terminsgebühr gem. Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG |
200,00 € |
insges. einschließlich Umsatzsteuer |
238,00 € |
Mit Beschluss vom 27. Februar 2008 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Kosten wie folgt festgesetzt:
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Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV RVG |
100,00 € |
einschließlich Umsatzsteuer |
119,00 € |
Zur Begründung der Absenkung der Terminsgebühr wurde ausgeführt, um den Umstand, dass der Anwalt einen geringeren Aufwand gehabt habe, der insbesondere dadurch entstanden sei, dass er nicht zum Termin habe anreisen müssen, werde die Hälfte der Mittelgebühr in Höhe von 100,00 € für angemessen und ausreichend erachtet.
Dagegen richtet sich die am 26. März 2008 bei dem Sozialgericht Lübeck eingelegte Er-innerung. Der Erinnerungsführer macht geltend, die beantragte Festsetzung der Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr sei nicht unbillig. Ebenso wie bei der Terminsgebühr richte sich deren Höhe nach der Schwierigkeit, Umfang der Tätigkeit usw. Die fehlende Anreise zum Termin und das Ausbleiben der Verhandlung dürfe mithin bei der Festsetzung der Gebühren nicht berücksichtigt werden.
Der Erinnerungsführer beantragt nach Lage der Akten,
die Terminsgebühr antragsgemäß festzusetzen.
Die Erinnerungsgegnerin beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Sie wendet ein, gehe einer mündlichen Verhandlung ein zuvor erklärtes Anerkenntnis voraus, sei die Wahrnehmung eines (fiktiven) Termins für den Rechtsanwalt nicht mit besonderem Aufwand oder besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die anwaltliche Tätigkeit beschränke sich im Termin vielmehr auf die Annahmeerklärung und dürfte nur wenige Minuten beanspruchen. Eine inhaltliche Vorbereitung und Auseinandersetzung mit materiellen Rechtsfragen wäre nicht erforderlich gewesen. Deshalb erscheine eine Gebühr in Höhe von 100,00 € bei einem mit 20,00 € beginnenden Gebührenrahmen für ausreichend hoch bemessen.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abzuhelfen vermocht.
II.
Die Erinnerung ist zulässig, jedoch unbegründet. Denn die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die fiktive Terminsgebühr zutreffend in Höhe der halben Mittelgebühr mit 100,00 € festgesetzt.
Bei Rahmengebühr, die in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen (§ 3 Abs. 1 RVG), bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Dabei ist der Wortlaut des “billigen„ Ermessens unglücklich gewählt, vielmehr hat der Anwalt ein pflichtgemäßes Ermessen auszuüben. Nach der Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG fällt eine Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Beitragsrahmengebühren entstehen, auch dann an, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Der Gebührenrahmen beträgt auch in diesem Fall 20,- bis 380,- €.
Auch bei einem angenommenen Anerkenntnis hat der Normgeber den genannten Gebührenrahmen eröffnet. Er hat dabei nicht angeordnet, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nur die Annahme einer Mindestgebühr (oder einer geringfügig erhöhten Mindestgebühr) gerechtfertigt sei (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. November 2008 L 7 B 289/07 AS). Vielmehr sind auch bei der Terminsgebühr die Kriterien des § 14 RVG zu prüfen, jedoch fiktiv, weil keine Verhandlung stattgefunden hat (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 28. April 2008 (L 1 SK 11/07); Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Juli 2008 - L 1 B 127/08 SK). Die Kriterien des § 14 ...