Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen der Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Orientierungssatz
1. Grundvoraussetzung des Entstehens einer fiktiven Terminsgebühr ist, dass für das entsprechende Rechtsschutzverfahren überhaupt eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Denn diese Gebühr wird gerade deshalb gewährt, um eine mündliche Verhandlung vermeiden zu helfen.
2. Weil das einstweilige Rechtsschutzverfahren keiner mündlichen Verhandlung bedarf, kann in diesem Verfahren eine Terminsgebühr nur dann entstehen, wenn tatsächlich ein Termin stattgefunden hat.
Tenor
Die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 17. Juni 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 10. Juni 2009 - S 69 AS 657/09 ER - wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Die Erinnerungsführerin macht als beigeordnete Rechtsanwältin einen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem um die Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) gestritten wurde und das sich nach etwa sechswöchiger Verfahrensdauer durch die Erteilung eines abhelfenden Bescheides erledigte. Streitbefangen ist im Erinnerungsverfahren noch die Entstehung einer (fiktiven) Terminsgebühr.
Die Erinnerung bleibt erfolglos.
Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 10. Juni 2009 - S 69 AS 657/09 ER - erhobene Erinnerung der Erinnerungsführerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfe zutreffend auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 321,30 € festgesetzt.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.
Zu Recht hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Entstehung einer (fiktiven) Terminsgebühr verneint. Denn diese Gebührenposition ist schon deshalb nicht entstanden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen der hierfür einschlägigen Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses (VV-RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG