Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Einkommensberücksichtigung. Kindergeld. volljähriges Kind. Wohnungswechsel. vorherige Zusicherung. Mietkaution. einstweiliger Rechtsschutz. Angemessenheit der Unterkunftskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann Einkommen als tatsächlich zufließend gilt und wann es angerechnet werden kann und zur Frage, wann einem volljährigen Kind zuzumuten ist, bei seinen Eltern wohnen zu bleiben und schließlich zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Mietkaution auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugesprochen werden kann.

 

Orientierungssatz

1. Kindergeld für volljährige Kinder ist als Einkommen grundsätzlich dem Kindergeldberechtigten zuzuordnen.

2. Hat der Hilfebedürftige vor dem Umzug in eine neue Wohnung keine Zusicherung des kommunalen Trägers iS des § 22 Abs 2 SGB 2 eingeholt bzw hat ihm dieser mitgeteilt, dass er keine Zusicherung erteilen wird, kann sich der Hilfebedürftige nicht auf den befristeten Bestandsschutz nach § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 berufen.

3. Für die Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten kommt es auf die Besonderheit des Einzelfalls, vor allem auf die Person des Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfes und die örtlichen Verhältnisse an. Maßgeblich ist der zu entrichtende Mietzins. Dabei werden auf dem Wohnungsmarkt die Unterkunftskosten insbesondere durch die Wohnungsgröße und das jeweilige örtliche Mietniveau bestimmt, wobei jeweils auf den unteren Bereich der marktüblichen Wohnungsmiete für nach Größe und Wohnstandard zu berücksichtigende Wohnungen abzustellen ist.

 

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller einstweilen bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts - längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens - auf seinen Antrag vom 13. Januar 2006 hin - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - ab dem 01. März 2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu bewilligen.

2. Die Antragsgegnerin wird ferner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller einstweilen bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts - längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - ab dem 01. März 2006 die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 300,00 € - zu zahlen.

3. Die Antragsgegnerin wird schließlich im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die für die Wohnung in der Straße C. fällige Mietkaution in Höhe von 660,00 € direkt auf das Sammelkautionskonto der Hausverwaltung V. bei der D. zu zahlen.

4. Die Zahlung der Mietkaution wird davon abhängig gemacht, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin vorher eine Abtretungserklärung vorlegt, mit der er den entsprechenden Rückzahlungsanspruch gegen den Vermieter an die Antragsgegnerin abtritt.

5. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von laufenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).

Der E. geborene Antragsteller beantragte am 13. Januar 2006 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. In dem Antrag gab er als Wohnanschrift folgendes an: F.. Dabei handelte es sich um die Wohnung seiner Mutter, G.. Auf dem Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung ist folgende handschriftliche Anmerkung enthalten: “bis 31.01.06 wohnhaft„. Die Urheberschaft dieser Anmerkung ist unklar.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2006 forderte die Antragsgegnerin zur weiteren Bearbeitung des Antrages noch fehlende Unterlagen an, insbesondere einen Nachweis, ob der Antragsteller weiterhin Anspruch auf Kindergeld habe, ferner eine Kopie der letzten Verdienstabrechnung sowie einen Nachweis über den Erhalt der Zahlung und schließlich eine Kopie des aktuellen Kontostandes seiner Girokonten und ferner eine schriftliche Erklärung, warum er umziehen müsse. Aus den Verwaltungsakten lässt sich allerdings nicht entnehmen, wann der Antragsteller mitgeteilt hat, dass er seine bisherige Wohnung aus welchem Grund verlassen muss. Als Frist für die Einreichung dieser Unterlagen ist dem Antragsteller der 6. Februar 2006 mit einem Hinweis über die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung mitgeteilt worden.

Offenbar am 10. Februar 2006 - dies lässt sich den Akten nicht eindeutig entnehmen - legte der Antragsteller einen Mietvertrag für Wohnraum bei der Antragsgegnerin vor und beantragte die Übernahme für die Aufwendungen der neuen Unterkunft. Ausweislich des vorgelegten Mietvertrages beträgt die Wohnfläche 24,34 qm. Die Wohnung besteht aus einem Zimmer, einer Kochnische mit Herd und Spüle, einem Flur und einem Duschbad. Als Miete weist der Mietvertrag einen Nettomietzins in Höhe von 220,00 €, Betriebskosten in Höhe von 40,00 € sowie Heizkosten in Höhe von 40,00 € aus, was einen Gesamtmietzin...

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