Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der fiktiven Terminsgebühr im Rechtsstreit über Leistungen des SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Wird der Rechtsstreit durch die Annahme eines Anerkenntnisses beendet, ohne dass ein Termin stattgefunden hat, so ist die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG entstanden.

2. Auch bei der Bemessung der fiktiven Terminsgebühr ist auf sämtliche Kriterien des § 14 RVG abzustellen.

3. Bei der Bemessung der fiktiven Terminsgebühr nach einem angenommenen Anerkenntnis kann nicht allein auf den zu erwartenden geringen Aufwand im Termin abgestellt werden. Bei einem unterdurchschnittlichen Aufwand, unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen eines SGB 2-Leistungsempfängers und überdurchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit für den Anspruchsteller erscheint die Mittelgebühr kostenrechtlich angemessen.

 

Tenor

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 12. Februar 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 30. Januar 2009 - S 42 AS 1094/07 - wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren noch um die Höhe des Gesamtvergütungsanspruches des Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsgegners für ein Klageverfahren, das die Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) zum Gegenstand hatte. Das Klageverfahren erledigte sich - ohne Durchführung eines Termins zur mündlichen Verhandlung - durch die Annahme eines von der Erinnerungsführerin abgegebenen Anerkenntnisses.

Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung ist unbegründet.

Der angefochtene Kostenfestesetzungsbeschluss ist rechtmäßig und hält der beantragten gerichtlichen Überprüfung stand. Der von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzte Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 440,30 € ist kostenrechtlich nicht zu beanstanden.

Zur Begründung seiner Entscheidung nimmt das Gericht zunächst gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die ausführlichen und uneingeschränkt zutreffenden Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem angefochtenen Beschluss vom 30. Januar 2009 - S 42 AS 1094/07 - Bezug und macht sich diese zur Vermeidung nicht gebotener Wiederholungen zu Eigen. Die Urkundsbeamtin hat den gebührenrechtlichen Sachverhalt vollständig und rechtsfehlerfrei gewürdigt.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Erinnerungsführerin im Erinnerungsverfahren zur Höhe der verdienten (fiktiven) Terminsgebühr, die dem Rahmen der Nr. 3106 VV-RVG (20,00 € bis 380,00 €) zu entnehmen ist, gilt Folgendes: Erweist sich das Betreiben eines Geschäfts einschließlich der Information nach allen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG als durchschnittliche Leistung, ist die Mittelgebühr von 200,00 € angemessen. Liegen Schwierigkeit, Wert und Bedeutung der Sache unter oder über diesem Mittelwert, bietet sich eine entsprechende Quotierung, mithin eine Über- oder Unterschreitung dieser Mittelgebühr an.

Der Rechtsstreit wurde durch die Annahme eines Anerkenntnisses beendet, so dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG ist dennoch entstanden. Durch die Regelung der Nr. 3106 VV-RVG (Ziffern 1 bis 3) soll verhindert werden, dass gerichtliche Termine allein zur Wahrung des Gebührenanspruchs stattfinden müssen; sie bietet einen Anreiz für den Rechtsanwalt, auf die Durchführung des Termins zu verzichten. Die Anwendung der Grundsätze des § 14 RVG auf die “fiktive" Terminsgebühr nach Nr. 3106 - Ziffer 1 bis Ziffer 3 - VV RVG ist mit dem Problem behaftet, dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat und dessen Schwierigkeit und Aufwand für den Prozessbevollmächtigten damit nicht bewertet werden können. Die Kammer vertritt die Auffassung, dass bei der Bemessung der Terminsgebühr auf den hypothetischen Aufwand abzustellen ist, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Somit ist eine fiktive Vergleichsbetrachtung anzustellen, in welcher Höhe ein Gebührenanspruch voraussichtlich entstanden wäre, wenn ein Termin stattgefunden.

Das Gesetz eröffnet in Ziffer 3106 VV-RVG daher erneut den Gebührenrahmen in vollem Umfang und knüpft nicht an die Höhe der Verhandlungsgebühr an. Gäbe es für die Festlegung der Terminsgebühr nicht die Möglichkeit einer eigenständigen Festsetzung unter Beachtung aller der in § 14 RVG festgelegten Kriterien, hätte es der Eröffnung eines Gebührenrahmens nicht bedurft. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Normgeber in denjenigen Fällen, in denen keine Betragsrahmengebühren entstehen, einen festen Wert - nämlich nach Nr. 3104 VV-RVG einen solchen von 1,2 - festgeschrieben hat. Daher ist es auch - entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin - nicht gerechtfertigt in diesen Fallkonstellationen grundsätzlich nur die Mindestgebühr in Höhe von 20,00 € anzuerkenne...

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