Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Einkommenseinsatz. Betriebsrente. Absetzung eines Freibetrages aus einer zusätzlichen Altersvorsorge. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung ist der sich aus § 82 Abs 4 SGB 12 ergebende Freibetrag für die Betriebsrente nur bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, nicht hingegen bei der Hilfe zur Pflege zu berücksichtigen.
2. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 82 Abs 4 SGB 12 im Hinblick auf eine unzulässige Ungleichbehandlung bestehen nicht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die am 00.00.1934 geborene Klägerin wurde am 20.06.2013 in der Pflegeabteilung eines vom F. betriebenen Altenheims aufgenommen, wo sie stationäre Pflegeleistungen erhält. Die Kosten des Heimaufenthalts belaufen sich seit 01.04.2018 auf monatlich 4.267,32 €. Von ihrer Pflegekasse erhält sie seit 01.01.2017 monatliche Leistungen i.H.v. 1.775,00 €; außerdem bezieht sie von der G. eine Rente, die sich ab 01.07.2018 auf 1.099,74 € monatlich beläuft, sowie eine monatliche Betriebsrente i.H.v. 412,61 €. Über einzusetzendes Vermögen verfügt sie nicht. Für die aus Einkommen und Vermögen nicht gedeckten Kosten gewährt ihr der Beklagte seit 01.11.2013 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Mit Bescheid vom 01.08.2018 bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung eines Barbetrags zur persönlichen Verfügung i.H.v. 112,32 € ab 01.07.2018 Leistungen i.H.v. 1.097,01 € monatlich und berechnete einen monatlichen, von der Klägerin aus ihrem Einkommen zu erbringenden Eigenanteil auf 1.395,31 €. Dabei berücksichtigte er Einkommen der Klägerin i.H.v. 1.507,63 € (Altersruhegeld: 1.099,74 €, betriebliche Altersversorgung: 412,61 € abzgl. Haftpflichtversicherung: 4,72 €).
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben ihres Betreuers vom 08.08.2018 Widerspruch ein, mit welchem sie die volle Berücksichtigung des Einkommens aus der betrieblichen Altersversorgung beanstandete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sei gemäß § 82 Abs. 4 SGB XII abzusetzen ein Betrag von 100,00 € monatlich aus einer zusätzlichen Altersversorgung zzgl. 30 % des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, höchstens jedoch 50 % der Regelbedarfsstufe 1. Die Betriebsrente der Klägerin wäre daher auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung nur in Höhe von 218,83 € anzurechnen. Das daneben erzielte Einkommen aus der Altersrente i.H.v. 1099,74 € reiche aber bereits aus, um den Bedarf der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung zu decken. Es bestehe daher ein Bedarf der Klägerin nur im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Bedürfe eine Person für längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung, solle die Aufbringung der Mittel aber auch dann in angemessenen Umfang verlangt werden, wenn das Einkommen unter der Einkommensgrenze liege. Als angemessener Umfang gelte bei einem dauerhaften stationären Einrichtungsaufenthalt das gesamte zur Verfügung stehende Einkommen. Daher seien die Leistungen der Hilfe zur Pflege i. H. v. 1.098,03 € korrekt berechnet.
Am 16.10.2018 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg Klage erhoben. Nach ihrer Auffassung ist die Regelung gem. § 82 Abs. 4 SGB XII nicht nur auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, sondern auch auf andere Leistungen nach dem SGB XII anzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 01.08.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2018 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB XII ab 01.07.2018 unter Anwendung von § 82 Abs. 4 SGB XII auch bei den Leistungen der Hilfe zur Pflege zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung ist der Freibetrag für die Betriebsrente gem. § 82 Abs. 4 SGB XII im Rahmen der Hilfe zur Pflege nicht zu berücksichtigen, weil sich dieser ausschließlich auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bezieht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht kann den Rechtsstreit nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden; sie haben gegen die Entscheidung durch Gerichtsbescheid keine Einwendungen erhoben.
Streitgegensta...