Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der fiktiven Terminsgebühr bei angenommenem Anerkenntnis

 

Orientierungssatz

1. Das Vergütungsverzeichnis sieht für die Terminsgebühr des Rechtsanwalts eine Gebührenspanne von 20.- €. vor. Erweist sich das Betreiben eines Geschäfts nach allen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG als durchschnittliche Leistung, ist die Mittelgebühr von 200,- €. angemessen.

2. Wurde der Rechtsstreit durch die Annahme eines Anerkenntnisses beendet, sodass ein Termin nicht stattgefunden hat, ist eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 dennoch entstanden. Bei deren Bemessung ist auf den hypothetischen Aufwand abzustellen, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre.

3. Auch bei der Bemessung der fiktiven Terminsgebühr sind alle Kriterien des § 14 RVG in die Abwägung einzustellen.

4. Bei der fiktiven Terminsgebühr besteht die Besonderheit, dass ein Anerkenntnis vorliegt, welches im hypothetischen Termin lediglich noch der Annahme bedurft hätte. Weil ein solcher Termin insoweit mit keinem besonderen Aufwand verbunden gewesen wäre, ist die Hälfte der Mittelgebühr, also 100,- €. angemessen.

 

Tenor

Die Erinnerung vom 21. Juni 2007 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 16. Mai 2007 - S 15 SB 37/06 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin und Erinnerungsführerin (im Folgenden: Klägerin) von dem Beklagten und Erinnerungsgegner (im Folgenden: Beklagter) im Rahmen des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits. Dabei steht lediglich die Bemessung der fiktiven Terminsgebühr im Streit.

Im zugrunde liegenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg (Az.: S 15 SB 37/06) begehrte die Klägerin im Wesentlichen die Feststellung der medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens “RF„ (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) im Rahmen eines Verfahrens nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Nach Einholung verschiedener medizinischer Unterlagen durch die Kammer gab der Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2006 ein umfassendes Anerkenntnis ab, verpflichtete sich, bei der Klägerin die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens “RF„ ab September 2005 festzustellen und erklärte sich ferner bereit, die Kosten des Rechtsstreits in voller Höhe zu erstatten. Dieses Anerkenntnis nahm die Klägerin zur Gesamterledigung des Rechtsstreits mit Schriftsatz vom 19. Januar 2007 an.

Mit Schriftsatz vom 29. März 2007 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Festsetzung von Kosten für das Klageverfahren in Höhe von insgesamt 584,90 € beantragt, wobei er die hier noch allein streitige Terminsgebühr mit einem Betrag in Höhe von 200,00 € geltend machte.

Mit Beschluss vom 16. Mai 2007 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die von dem Beklagten der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf insgesamt einen Betrag in Höhe von 467,80 € festgesetzt und dabei für das Klageverfahren eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 10,00 € zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Terminsgebühr richte sich deren Höhe nach dem Aufwand, den der Prozessbevollmächtigte in einem fiktiven Termin entfaltet hätte. Dieser Umstand rechtfertige unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens - gerichtet auf die Schaffung eines Anreizes für den Rechtsanwalt, ein Anerkenntnis auch außerhalb einer mündlichen Verhandlung anzunehmen - die Zuerkennung der Hälfte der Mittelgebühr.

Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 21. Juni 2007 die Entscheidung des Gerichts beantragt. Die Kürzung der Terminsgebühr sei rechtswidrig, weil sie mit der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren sei; eine derartige Festsetzung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es liege nämlich eine Ungleichbehandlung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, bei denen nach der Gebührenziffer 3104 immer die volle Terminsgebühr mit 1,2 anfalle, und sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vor.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat nicht abgeholfen (28. Juni 2007).

II.

Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung ist nicht begründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die hier einzig streitige Gebührenposition der Terminsgebühr zu Recht in Höhe eines Betrages von 100,00 € festgesetzt; der darüber hinausgehende Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist demgegenüber unbillig.

Die Höhe der nach Durchführung eines Sozialgerichtsverfahrens zu erstattenden Gebühr bestimmt sich grundsätzlich nach dem für die anwaltliche Tätigkeit im Verfahren vor den Sozialgerichten vorgesehenen Gebührenrahmen (§ 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)). Die Bestimmung der im Einze...

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