Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Anwaltsvergütung. Gesamtvergütungsanspruch. Rechtsanwaltsgebühren im Antragsverfahren. keine Berücksichtigung bei der gerichtlichen Kostenfestsetzung. Abgrenzung vom förmlichen Vorverfahren gem § 78 Abs 1 SGG. Erledigungsgebühr. fiktive Terminsgebühr gem RVG-VV Nr 3106 Nr 3

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Gebührenbemessung in Verfahren nach den Bestimmungen des SGB 2, in denen Betragsrahmengebühren entstehen; zur hier verneinten Frage, ob auch diejenigen Gebühren, die im Antragsverfahren (dh diejenigen Gebühren, die für die Vertretung in dem Verwaltungsverfahren entstehen, das der Erstentscheidung der Behörde vorangeht) entstehen, der gerichtlichen Kostenfestsetzung nach § 197 SGG zugänglich sind; zu Anfall und zur Höhe einer Erledigungsgebühr (vgl hierzu insbesondere BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 5/07 R = JurBüro 2009, 132); zur Höhe der (fiktiven) Terminsgebühr.

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der gerichtlichen Kostenfestsetzung können nur die Kosten für ein der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienendes Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) und nicht die Kosten des Verwaltungsverfahrens festgesetzt werden. Für eine Festsetzung der Kosten des Verwaltungsverfahrens, das nicht Widerspruchsverfahren ist, fehlt nämlich die gesetzliche Grundlage, weil zwischen dem Verwaltungsverfahren im engeren Sinne, dem einem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden und der Nachprüfung eines Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren zu unterscheiden ist.

2. Über die Kosten des Verwaltungsverfahrens ist stattdessen auf Grundlage des § 63 SGB 10 iVm RVG-VV Nr 2400 in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu entscheiden.

 

Tenor

Die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 22. Januar 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 07. Januar 2009 - S 24 AS 666/06 - wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren noch um die Höhe des Gesamtvergütungsanspruches des Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsführers für ein Antrags-, Widerspruchs- und Klageverfahren, das im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Antrages gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) wegen der Aufhebung und Rückforderung von nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) zunächst gewährten Leistungen zum Gegenstand hatte. Das Klageverfahren erledigte sich nach etwa zweijähriger Verfahrensdauer - ohne die Durchführung eines Termins zur mündlichen Verhandlung - durch die Annahme eines von der Erinnerungsgegnerin abgegebenen Anerkenntnisses. Die Erinnerungsgegnerin ist mit Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 06. Oktober 2008 - S 24 AS 666/06 - zur Erstattung der dem Erinnerungsführer entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten verpflichtet worden.

Die gemäß § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Erinnerung ist unbegründet.

Der angefochtene Kostenfestesetzungsbeschluss ist rechtmäßig und hält der beantragten gerichtlichen Überprüfung stand. Der von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzte Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 557,79 € ist kostenrechtlich nicht zu beanstanden.

Zur Begründung seiner Entscheidung nimmt das Gericht zunächst gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die ausführlichen und uneingeschränkt zutreffenden Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem angefochtenen Beschluss vom 07. Januar 2009 - S 24 AS 666/06 - Bezug und macht sich diese zur Vermeidung nicht gebotener Wiederholungen zu Eigen. Die Urkundsbeamtin hat den gebührenrechtlichen Sachverhalt vollständig und rechtsfehlerfrei gewürdigt, wobei sie für die Vertretung im Widerspruchsverfahren zutreffend von der Geschäftsgebühr nach Nr. 2 4 01 VV-RVG (n. F.) ausgegangen ist.

Insgesamt hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu Recht die begehrten Gebühren nach Nr. 2400 VV-RVG für die Vertretung im Antragsverfahren nicht festgesetzt (dazu unter 1.) und für die Vertretung im Klageverfahren eine (fiktive) Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe eines Betrages von 100,00 € in die Berechnung eingestellt (dazu unter 2.); die übrigen Gebührenpositionen standen zwischen den Beteiligten (nicht mehr) im Streit.

1. Die für die Vertretung im Antragsverfahren entstandenen Gebühren (d. h. diejenigen Gebühren, die für die Vertretung in dem Verwaltungsverfahren entstehen, das der Erstentscheidung der Behörde vorangeht) sind einer gerichtlichen Kostenfestsetzung nicht zugänglich. Der Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 197 Abs. 1 SGG ist in seinem Umfang an die gerichtliche Kostengrundentscheidung gebunden. Daher gelten für die Kostenfestsetzung auch diejenigen Grundsätze, die der Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Kosten des Widers...

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