Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitssuchende: Voraussetzung der Zulässigkeit einer Leistungskürzung wegen Verweigerung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung

 

Orientierungssatz

Eine Sanktion in Form einer Leistungskürzung wegen Verweigerung der Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung durch einen Grundsicherungsempfänger ist nur zulässig, wenn der Leistungsempfänger sich generell weigert, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen und wenn der Leistungsträger den Nachweis führt, dass die Möglichkeit zur Festlegung der Eingliederungsvereinbarung mittels eines Verwaltungsaktes zur Erfüllung des Förderungsgrundsatzes unzureichend ist.

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide vom 7. Dezember 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2008 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Monate Februar und März 2008 vorläufig je weitere 104,-- Euro zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Kürzung von Leistungen nach dem SGB II durch einen Sanktionsbescheid.

Der Antragsteller bezieht seit längerem von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Leistungsbescheid vom 30. Oktober 2007 gewährte die Antragsgegnerin ihm Leistungen für den Zeitraum November 2007 bis Januar 2008 in Höhe von monatlich 607,66 Euro.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen Vermittlungsvorschlag für eine Arbeitsgelegenheit nach §16 Abs. 3 SGB II. Bei einem persönlichen Besprechungstermin am 8. November 2007 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller weiterhin eine Eingliederungsvereinbarung.

Nachdem der Antragsteller weder die Arbeitsgelegenheit antrat noch die Eingliederungsvereinbarung unterzeichnete, kürzte die Antragsgegnerin mit zwei Sanktionsbescheiden vom 7. Dezember 2007 die dem Antragsteller gewährten Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2008 um je 30 %. Mit einem am gleichen Tage ergangenen Ausführungsbescheid setzte sie den Leistungsanspruch des Antragstellers für diesen Zeitraum auf monatlich 399,66 Euro fest.

Gegen diese Bescheide legte der Antragsteller Widerspruch ein.

Am 7. Januar 2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Lüneburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt.

Mit Abhilfebescheid vom 23. Januar 2008 hat die Antragsgegnerin den Sanktionsbescheid vom 7. Dezember 2007 wegen der Weigerung, eine zumutbare Arbeitsgelegenheit anzunehmen, aufgehoben. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Antragsteller meint, dass auch der Sanktionsbescheid wegen der Weigerung, die angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, rechtswidrig sei. Zum einen genüge die zusammen mit der Eingliederungsvereinbarung am 8. November 2007 überreichte Rechtsfolgenbelehrung nicht den rechtlichen Anforderungen, da sie nicht geeignet gewesen sei, dem Hilfebedürftigen konkret, eindeutig, verständlich, verbindlich und rechtlich zutreffend die unmittelbaren und konkreten Auswirkungen seines Handelns vor Augen zu führen. Zudem habe er - der Antragsteller - sich nicht geweigert, die Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben. Eine rechtlich relevante Weigerung liege nicht bereits dann vor, wenn die vorgelegte Eingliederungsvereinbarung nicht unverzüglich auf Aufforderung des Leistungsträgers unterzeichnet werde. Kritische Äußerungen seien vielmehr konstruktiver Teil des Beratungsprozesses. Im Rahmen des Beratungsgesprächs am 8. November 2007 habe er lediglich Bedenken gegen die konkret vorgelegte Eingliederungsvereinbarung geäußert, zugleich aber deutlich gemacht, dass er den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht generell ablehne, sondern prinzipiell dazu bereit sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2008 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Sanktionsbescheid wegen der Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Sanktionsbescheid auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a SGB II beruhe. Dem Antragsteller sei bei dem Beratungsgespräch vom 8. November 2007 eine Frist bis zum 14. November 2007 gesetzt worden, um die Eingliederungsvereinbarung zu überprüfen. Der Antragsteller habe die Eingliederungsvereinbarung jedoch nicht wieder eingereicht, auch nicht um eine Fristverlängerung gebeten und auch keine Gegenvorschläge gemacht. Gemeinsam mit der Eingliederungsvereinbarung sei dem Antragsteller am 8. November 2007 auch einem hinreichend auf den Einzelfall bezogene Eingliederungsvereinbarung überreicht worden.

Am 25. Februar 2008 hat der Antragsteller in der Hauptsache Klage gegen den Sanktionsbescheid vom 7. Dezember 2007, den Ausführungsbescheid vom gleichen Tage und den Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2008 erhoben (Az.: S 24 AS ...

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