Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindung an den Umfang des Prozesskostenhilfe bewilligenden Bescheides

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Höhe der Prozesskostenhilfevergütung in einem grundsicherungsrechtlichen Eilverfahren nach dem SGB II, in dem Betragsrahmengebühren entstehen; insbesondere zur Frage, inwieweit die Kammer, die über die Erinnerung zu entscheiden hat, an den Umfang des Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses gebunden ist.

 

Orientierungssatz

1. An einen die Gewährung von Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss ist sowohl der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle als auch die Kammer, die über die gegen die Festsetzung erhobene Erinnerung entscheidet, gebunden.

2. Dementsprechend ist dem beigeordneten Rechtsanwalt die gesamte für die Durchführung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens objektiv erforderliche anwaltliche Leistung aus PKH-Mitteln zu vergüten. Dass der zugrunde liegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lediglich aufgrund eines Büroversehens gestellt worden ist, ist unbeachtlich.

 

Tenor

Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 17. März 2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12. März 2009 in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 19. März 2009 - S 81 AS 271/09 ER - geändert.

Die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu erstattende Prozesskostenhilfevergütung wird endgültig auf einen Betrag in Höhe von 286,79 € festgesetzt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse geltend. Im zugrundeliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren stritten die Beteiligten um die vollständige Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Das Verfahren endete nach etwa siebentätiger Verfahrensdauer durch die Rücknahme des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Die Erinnerung hat Erfolg.

Der beigeordneter Rechtsanwalt ist in Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -)) allein erinnerungsbefugt (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 56 Rdnr. 6). Das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12. März 2009 in Gestalt des Änderungsbeschlusses vom 19. März 2009 - S 81 AS 271/09 ER - erhobene Erinnerung des Erinnerungsführers ist zulässig und begründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Kosten des Rechtsstreits zu Unrecht lediglich auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 35,70 € festgesetzt. Der Erinnerungsführer kann vielmehr einen Betrag in Höhe des von ihm in seiner Kostenrechnung vom 05. März 2009 ermittelten Betrages von 286,79 € beanspruchen.

Entgegen der Auffassung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann insoweit nicht gebührenmindernd berücksichtigt werden, dass der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lediglich aufgrund eines Büroversehens gestellt worden ist. Vielmehr ist sowohl der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle als auch die Kammer, die über die gegen die Festsetzung erhobene Erinnerung entscheidet, an den Beschluss über die Gewährung der Prozesskostenhilfe gebunden. Dem entsprechenden Beschluss der 81. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg vom 03. März 2009 lässt sich indes eine irgendwie geartete (zeitliche oder sonstige) Beschränkung der zu gewährenden Prozesskostenhilfevergütung nicht entnehmen. Dementsprechend ist dem Erinnerungsführer auch die gesamte - für die Durchführung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens objektiv erforderliche - anwaltliche Leistung aus Prozesskostenhilfemitteln zu vergüten. Ausgehend von einer unterdurchschnittlich umfangreich und unterdurchschnittlich schwierigen anwaltlichen Tätigkeit, der durchschnittlichen Bedeutung des Verfahrens (immerhin stritten die Beteiligten nicht nur im Sinne eines Höhenstreites um die Leistungsgewährung existenzsichernder Mittel), einem durchschnittlichen Haftungsrisiko und den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Auftraggeber des Erinnerungsführers hält die Kammer einen Betrag unterhalb der Mittelgebühr der Verfahrensgebühr für angemessen. Die Verfahrensgebühr ist dabei dem Rahmen der Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses (VV-RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 - zu entnehmen (vgl. zur Frage, ob für die Vertretung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Nr. 3102 VV-RVG oder jedoch die Nr. 3103 VV-RVG Anwendung findet: Sozialgericht Lüneburg, Beschluss vom 30. März 2009, - S 25 SF 177/0...

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