Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Höhe der Rechtsanwaltsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Zur Höhe der Prozesskostenhilfevergütung in einem asylbewerberleistungsrechtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen; insbesondere zur Frage, wie die Berechnung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG i. V. m. Nr. 1008 VV-RVG vorgenommen werden muss, wenn mehrere Auftraggeber vertreten worden sind (Betragsrahmenverschiebung); ferner zur Frage der Entstehung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005/1006 VV-RVG.
Orientierungssatz
1. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr als auch für die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.
2. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr ist bei der Vertretung von weiteren Auftraggebern jeweils auf den Mindest- und den Höchstbetrag des ursprünglichen Gebührenrahmens ein Aufschlag von 30 % zu addieren.
3. Die Erledigungsgebühr kann der Rechtsanwalt regelmäßig nur dann verdienen, wenn er sich mit seinem Mandanten auseinandersetzt und überzeugend auf ihn einwirkt, sich mit einem Weniger zufrieden zu geben, als er ursprünglich begehrt hat. Sie kommt auch dann in Betracht, wenn der Anwalt den Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkungspflicht überschreitet und so zur Gesamterledigung beiträgt.
Tenor
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 17. Februar 2009 gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 26. Januar 2009 - S 26 AY 22/08 ER - wird die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung endgültig auf einen Betrag in Höhe von insgesamt 621,18 € festgesetzt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für die Vertretung seiner Mandanten in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend. Hierbei ist nur noch die Höhe der Verfahrensgebühr sowie die Entstehung der Erledigungs-/Einigungsgebühr streitig.
Die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 17. Februar 2009 hat im tenorierten Umfang Erfolg.
Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechts-anwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 26. Januar 2009 - S 26 AY 22/08 ER - erhobene Erinnerung des Erinnerungsführers ist zulässig und im tenorierten Umfang auch begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat zu Unrecht lediglich einen Betrag in Höhe von 333,20 € festgesetzt; die Kammer hält demgegenüber eine Prozesskostenhilfevergütung in Höhe eines Betrages von insgesamt 621,18 € für kostenrechtlich angemessen.
Der Erinnerungsführer hat eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 312,00 € (dazu unter 1.) sowie eine Einigungs-/Erledigungsgebühr in Höhe eines Betrages von 190,00 € (dazu unter 2.) nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer verdient.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfun...