Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Entstehens der Erledigungsgebühr

 

Orientierungssatz

Der Rechtsanwalt verdient die Erledigungsgebühr nach Nrn. 1002, 1006 VV RVG regelmäßig dann, wenn er sich mit seinem Mandanten auseinandersetzt und überzeugend auf ihn einwirkt, sich mit einem Weniger zufrieden zu geben, als er ursprünglich begehrt hatte. Die Gebühr honoriert damit das Bemühen des Anwalts, der den Rahmen seiner dem Mandanten gegenüber obliegenden Mitwirkungspflicht überschreitet und so zur Gesamterledigung beiträgt. Regelmäßig erscheint dafür die Mittelgebühr angemessen.

 

Tenor

Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 17. Juni 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 10. Juni 2009 - S 78 AS 326/09 ER - wird die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung endgültig auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 547,40 € festgesetzt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer (höheren) Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem um die Gewährung laufender Leistungen nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) gestritten wurde und das sich nach etwa dreimonatiger Verfahrensdauer durch die Annahme eines abgegebenen Anerkenntnisses erledigte. Streitig ist im vorliegenden Erinnerungsverfahren, ob neben der Verfahrensgebühr eine weitere Gebühr in die Berechnung des Gesamtvergütungsanspruches einzustellen ist.

Die Erinnerung hat Erfolg.

Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 10. Juni 2009 - S 78 AS 326/09 ER - erhobene Erinnerung des Erinnerungsführers ist zulässig und teilweise begründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung zu Unrecht lediglich auf einen Gesamtbetrag in Höhe von lediglich 321,30 € festgesetzt. Die Kammer hält demgegenüber einen Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 547,40 € für kostenrechtlich angemessen, weil - neben der zwischen den Beteiligten unstreitig festgesetzten Verfahrensgebühr - zusätzlich auch eine Erledigungsgebühr in Höhe eines Betrages von 190,00 € in die Berechnung einzustellen ist.

1. Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift (“vor allem") nicht abschließend, so dass weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach...

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