Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfall und Höhe der fiktiven Terminsgebühr nach Erledigung des Rechtsstreites durch Urteil ohne mündliche Verhandlung
Orientierungssatz
1. Bei der Bemessung der sog. fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG bei Erledigung des Rechtsstreites durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ist auf den hypothetischen Aufwand abzustellen, der bei Durchführung des Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Damit ist eine fiktive Vergleichsbetrachtung anzustellen, in welcher Höhe ein Gebührenanspruch voraussichtlich entstanden wäre, wenn ein Termin stattgefunden hätte.
2. Bei durchschnittlichen Anforderungen an die hypothetische anwaltliche Tätigkeit, unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers, einer für ihn überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit und allenfalls durchschnittlichem Haftungsrisiko des Anwalts ist eine Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr von 200.- €. angemessen.
Tenor
Die Verfahren mit den Aktenzeichen S 12 SF 180/09 E und S 12 SF 195/09 E werden miteinander verbunden; führend bleibt das Verfahren mit dem Aktenzeichen S 12 SF 180/09 E.
Auf die Erinnerung der Erinnerungsführer vom 01. September 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 26. August 2009 - S 22 SO 59/07 - werden die von dem Erinnerungsgegner und Beklagten an die Erinnerungsführer zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.107,30 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 festgesetzt; bereits erfolgte Zahlungen sind dabei in Abzug zu bringen.
Im Übrigen wird die Erinnerung der Erinnerungsführer zurückgewiesen.
Die Erinnerung des Erinnerungsgegners vom 18. September 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Erinnerungsverfahren noch um die Höhe der den Prozessbevollmächtigten der Kläger (im Folgenden nur: Erinnerungsführer) durch den Erinnerungsgegner und Beklagten (im Folgenden nur: Erinnerungsgegner) zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten eines Widerspruchsverfahrens, eines Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Lüneburg sowie eines Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen. In diesen Verfahren stritten die dortigen Beteiligten um die Rechtmäßigkeit einer von dem Erinnerungsgegner verfügten Rücknahme der zugunsten des Rechtsvorgängers der Kläger - des Herrn D. (verstorben am 10. Oktober 2007) - zunächst erfolgten Bewilligung von Leistungen zur Eingliederungshilfe nach den Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Nachdem die 22. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen - ohne mündliche Verhandlung - mit Urteil vom 09. Juli 2008 aufgehoben hatte, erklärten der Erinnerungsführer und der Erinnerungsgegner den Rechtsstreit im Berufungsverfahren übereinstimmend für erledigt. Mit Beschluss vom 21. Januar 2009 stellte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen fest, dass das Verfahren erledigt ist und der Beklagte den Klägern - den unbekannten Rechtsnachfolgern des D. - die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten hat. Im Streit des vorliegenden Erinnerungsverfahrens steht nach dem Vorbringen der Beteiligten einerseits, ob den Erinnerungsführern überhaupt ein Kostenerstattungsanspruch zur Seite steht und in welcher Höhe dieser festzusetzen ist.
II.
Die Erinnerung der Erinnerungsführer hat teilweise Erfolg, die Erinnerung des Erinnerungsgegners bleibt insgesamt erfolglos.
1. Die Kammer hat in Anwendung des § 113 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Erinnerungsverfahren zu den Aktenzeichen S 12 SF 180/09 E und S 12 SF 195/09 E miteinander zu verbinden, weil die Ansprüche, die den Gegenstand der Rechtsstreitigkeiten bilden, in einem ausreichendem Zusammenhang stehen.
2. Darüber hinaus sah sich die Kammer veranlasst, das Aktivrubrum von Amts wegen zu berichtigen. Anspruchsinhaber etwaiger Kostenerstattungsansprüche sind allein die Prozessbevollmächtigten der Kläger; sie sind damit die alleinigen Erinnerungsführer. Denn aus Ziffer 12. der ihnen erteilten Vollmacht vom 07. März 2007 ergibt sich eindeutig, dass sämtliche erwachsenden Kostenerstattungsansprüche mit der Vollmachtserteilung an die bevollmächtigten Anwälte abgetreten sind, so dass damit unzweifelhaft auch die Befugnis erwachsen ist, etwaige Ansprüche gegen zur Kostentragung verpflichtete Dritte (hier also den Erinnerungsgegner) - gerichtlich - durchzusetzen. Diese Vollmacht ist mit dem Tode des Rechtsvorgängers der Kläger auch nicht etwa erloschen. Denn gemäß § 168 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmt sich das Erlöschen der Vollmac...