Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers bei stationärer Unterbringung. Kostenerstattung zwischen den Sozialhilfeträgern

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschriften der §§ 106 Abs 1, 98 Abs 2 SGB 12 bezwecken den Schutz des Einrichtungsortes, in dem der Hilfebedürftige stationär untergebracht ist, vor überproportionalen finanziellen Belastungen. Danach ist für die stationäre Leistung der örtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die stationäre Einrichtung zuletzt gehabt hat.

2. Wird innerhalb eines Monats nach Verlassen der Einrichtung Sozialhilfe erbracht, wozu auch Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung gehören, so bleibt der Leistungsträger des Einrichtungsortes auch im Folgezeitraum privilegiert.

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Betrag von 6.657,67 Euro zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz ab dem 22. Mai 2008 zu erstatten.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt von der Beklagten die Erstattung eines Betrages von 6.657,67 Euro nebst Zinsen für erbrachte Aufwendungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.

Der am F. geborene G. hielt sich zunächst im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auf. In der Zeit vom 27. November 2006 bis 14. April 2007 wurde dieser durch den Herbergsverein H. stationär betreut, wobei die Beklagte die Kosten übernahm.

Ab dem 15. April 2007 bezog er zunächst nachgehende ambulante Hilfe nach § 67 SGB XII und bezog eine Wohnung in der Straße I.. Auch diesbezüglich erstattete die Beklagte die Kosten. Diese Hilfe wurde im April 2008 beendet.

Der Leistungsberechtigte erhielt zudem seit dem 15. Mai 2007 Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem SGB II und ab 28. August Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII durch die im Auftrag des Beklagten handelnde J..

Mit Schreiben vom 14. Mai 2007 meldete diese bei der Beklagten Erstattungsansprüche nach § 106 SGB X an. Sie ergänzte dies später hinsichtlich der von ihr gewährten Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Eine Kostenerstattungspflicht hinsichtlich der Grundsicherung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juli 2007 ab, da die Aufwendungen nicht einen Monat nach Verlassen der Einrichtung entstanden seien (Bl. 65 der Verwaltungsakte der J.).

Eine erneute bezifferte Forderung von 3.499,46 Euro lehnte die Beklagte erneut ab.

Der Leistungsberechtigte bezog seit Juli 2007 eine Altersrente von monatlich 179,12 Euro, ab September 2007 von 179,59 Euro und ab Juli 2008 von 181,57 Euro.

Der Kläger hat am 22. Mai 2008 Klage erhoben.

Er trägt vor:

Es seien die Aufwendungen der Sozialhilfe zu erstatten, wenn sie innerhalb eines Monats ab Verlassen der Einrichtung entstünden. Dabei komme es nicht darauf an, welcher Art die Leistungen waren und ob in der Folgezeit eine Änderung derselbigen eingetreten sei. Es seien auch die Aufwendungen für einen geänderten oder erweiterten Bedarf zu erstatten. Es sei entscheidend, ob innerhalb der Frist überhaupt Leistungen der Sozialhilfe gewährt worden seien.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag von 6.657,67 Euro mit Zinsen in gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor:

Die Zuständigkeit für die Gewährung von Grundsicherung knüpfe an den gewöhnlichen Aufenthalt an.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst beigezogener Verwaltungsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässigerweise als Leistungsklage erhobene Klage hat Erfolg.

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierauf gemäß § 124 Absatz 2 SGG verzichtet haben.

Rechtsgrundlage des Klagebegehrens ist § 106 Absatz 3 SGB XII.

Nach Satz 1 dieser Norm sind dem örtlichen Träger der Sozialhilfe, wenn in den Fällen des § 98 Absatz 2 die leistungsberechtigte Person die Einrichtung verlässt und sie im Bereich des örtlichen Trägers, in dem die Einrichtung liegt, innerhalb von einem Monat Leistungen der Sozialhilfe erhält, die aufgewendeten Kosten von dem Träger der Sozialhilfe zu erstatten, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 98 Absatz 2 Satz 1 hatte. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Erstattungspflicht wird nicht durch einen Aufenthalt außerhalb des Bereichs oder in einer Einrichtung im Sinne des § 98 Absatz 2 Satz 1 unterbrochen, wenn dieser zwei Monate nicht übersteigt; sie endet, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten Leistungen nicht zu erbringen waren, spätestens nach Abla...

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