Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Vergütungsanspruch eines Krankenhausträgers. Abrechnungsprüfung im schriftlichen Verfahren. Rechtsfolgen einer Überschreitung der in der Prüfverfahrensvereinbarung bestimmten Vorlagefrist

 

Orientierungssatz

Bei der in der ab dem Jahr 2014 geltenden Prüfverfahrensvereinbarung zur Abrechnungsprüfung zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft für den Fall der Durchführung einer Prüfung im schriftlichen Verfahren vereinbarten Pflicht zur Vorlage von Unterlagen der Krankenhäuser binnen vier Wochen handelt es sich nicht um eine Ausschlussfrist. Demgemäß führt eine Fristüberschreitung auch nicht zu einem vollständigen oder teilweisen Anspruchsverlust des Krankenhauses in Bezug auf die Vergütung.

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.144,41 € sowie Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 12. Mai 2015 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

Die klagende Krankenhausträgerin behandelte den bei der Beklagten Versicherten G. vom 29. Januar bis 1. Februar 2015 stationär und berechnete hierfür nach der DRG D12B (Andere Eingriffe an Ohr, Nase, Mund und Hals) eine Vergütung in Höhe von 2.776,22 € ab. Der MDK zeigte der Klägerin mit Schreiben vom 3. März 2015 an, dass er mit der Begutachtung beauftragt worden sei zu der Fragestellung, ob die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer bzw. das Erreichen der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet sei. Mit Schreiben vom 4. März 2015, das bei der Klägerin am 10. März 2015 einging, forderte der MDK verschiedene Unterlagen an und bat um deren Übersendung bis zum 1. April 2015. Mit Schreiben vom 13. April 2015, das beim MDK am 15. April 2015 einging, übersandte die Klägerin die angeforderten Unterlagen. Der MDK sandte der Klägerin die Unterlagen zurück und verwies darauf, dass diese nach Ablauf der 4-wöchigen Versandfrist gemäß § 7 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1 c - Prüfverfahrensvereinbarung (in der Fassung ab 1. September 2014 - PrüfvV 2014) eingegangen seien. Der Begutachtungsauftrag sei bereits an die Krankenkasse zurückgegeben worden. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, der MDK habe sie informiert, dass eine Prüfung nicht habe durchgeführt werden können, weil die Klägerin die angeforderten Unterlagen nicht eingereicht habe. Aus diesem Grunde habe sie die Rechnung storniert und nur den unstrittigen Abrechnungsbetrag überwiesen. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, die Restsumme in Höhe von 1.144,41 € zu zahlen. Dies verweigerte die Beklagte unter Hinweis auf § 7 Absatz 2 Sätze 3 und 4 PrüfvV 2014.

Am 18. August 2015 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie trägt vor, die Beklagte sei nicht berechtigt, den streitbefangenen Betrag endgültig einzubehalten. Die Vereinbarungspartner der PrüfvV2014 seien nicht befugt gewesen, Regelungen über Anspruchsverluste festzuschreiben. § 17c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) enthalte keine Ermächtigungsgrundlage, durch die dem Krankenhaus nach Ablauf einer Frist zur Vorlage von Unterlagen Zahlungsansprüche endgültig abgeschnitten werden könnten. Es handelte sich hierbei nämlich um keine Verfahrensregelung, sondern um einen materiellen Anspruchsuntergang. Dies gehe über die Ermächtigung, Regelungen zum Verfahren zu treffen, weit hinaus. Die 4-Wochen-Frist sei im Text der PrüfvV 2014 nicht ausdrücklich als Ausschlussfrist benannt, daher könne die in § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 genannte Sanktion nur als Zurückbehaltungsrecht der Krankenkasse verstanden werden. Die Beklagte habe in der Prüfanzeige auch nicht den unstrittigen Betrag benannt. Nur wenn dieser benannt werde, wäre die Beklagte überhaupt berechtigt, einen Betrag als strittig zu benennen und einzubehalten. Außerdem habe der MDK in seinem Schreiben vom 4. März 2015 die Frist falsch benannt. Fristende wäre nicht der 1. April 2015, sondern der 7. April 2015 gewesen, da die Unterlagenanforderung erst am 10. März 2015 zugegangen sei. Analog § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) müsse dieser Fehler, der geeignet gewesen sei, über die richtige Frist in die Irre zu führen, verlängert werden. Außerdem ende die Existenz des Prüfauftrages nicht mit dem Ablauf der 4-Wochen-Frist, sondern werde für den Zeitraum der Fristüberschreitung “auf Eis gelegt„.  § 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verpflichte sowohl die Beklagte als auch den MDK, den Sachverhalt von Amts wegen weiterzuverfolgen. Die Behandlung des Patienten sei während des gesamten stationären Aufenthaltes notwendig gewesen. Dies werde durch das eingeholte Sachverständigengutachten bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.144,41 € sowie 2 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 12. Mai 2015 zu zahlen.

Die Beklagte b...

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