Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Kostentragungspflicht bei Erledigung einer Untätigkeitsklage gegen eine Widerspruchsbehörde. Kostentragungspflicht der Widerspruchsbehörde in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsführers bei fehlender Mitwirkung des Widerspruchsführers an der Sachverhaltsaufklärung

 

Orientierungssatz

Hat ein Widerspruchsführer seine Untätigkeitsklage gegen die Widerspruchsbehörde zurückgenommen, nachdem der Widerspruchsbescheid erlassen wurde, so kommt eine Kostentragungspflicht der Widerspruchsbehörde in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsführers jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Widerspruchsführer durch sein eigenes Verhalten, insbesondere durch fehlende Mitwirkung bei der Klärung eines für den Widerspruchsbescheid relevanten Sachverhalts, selbst die Verzögerung der Bearbeitung des Widerspruchs maßgeblich zu verantworten hat.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.07.2020; Aktenzeichen B 5 R 142/20 B)

 

Tenor

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zuletzt ist über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

Der am ... 1964 geborene Kläger begehrte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Bescheid vom 11. Januar 2018 beendete die Beklagte das Verfahren über Leistungen zur Teilhabe. Es sei von einer fehlenden Erfolgsaussicht auszugehen. Die bisherigen Angebote hätten nicht den gewünschten Eingliederungserfolg gebracht. Der Kläger begehre weiterhin eine Tätigkeit, die nicht seinem Leistungsbild entspreche.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 18. Januar 2018. Er habe den Verdacht, dass Kosten und Fördermittel gespart werden sollten. Es stehe ein zweitägiger Test bei der Firma H. in Aussicht, in dem seine Leistungsfähigkeit geprüft und anschließend ein - seinen gesundheitlichen Einschränkungen entsprechender - Arbeitsplatz geschaffen werden solle. Er mahne daher die zugesicherte Unterstützung an und bitte um einen Beratungstermin, wobei vorab die Reisekostenerstattung zu klären sei.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2018 lud die Beklagte aufgrund des eingelegten Widerspruchs zu einem Beratungsgespräch mit einem Reha-Fachberater am 27. Februar 2018 ein. Fahrkosten würden nicht erstattet. Der Kläger erwiderte am 10. Februar 2018, dass er den Termin aufgrund einer Fraktur des linken Unterschenkels nicht wahrnehmen könne. Ihm sei das Führen eines Fahrzeugs derzeit nicht möglich. Er bitte um einen neuen Termin und Transport seiner Person.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2018 führte die Beklagte aus, dass beabsichtigt sei den Kläger erneut einzuladen, wenn sein Gesundheitszustand ein Beratungsgespräch zulasse. Sie bat ihn, bis zum 14. März 2018 mitzuteilen, ab wann er bereit sei, an einem Beratungsgespräch teilzunehmen. Ein weiteres Schreiben vom 20. März 2018 mit identischem Wortlaut hatte die Überschrift "Erinnerung!". Am 2. April 2018 teilte der Kläger mit, dass er vor dem 20. April 2018 keinesfalls ein Fahrzeug führen könne. Auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei für längere Zeit unmöglich. Er bat sinngemäß um Geduld.

Mit Bescheid vom 24. April 2018 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Der Kläger hat am 22. Mai 2018 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er ist der Ansicht, es sei unzulässig die Bescheidung seines Widerspruchs von einem Beratungstermin abhängig zu machen. Ein nachvollziehbarer Grund, weshalb über den Widerspruch nicht entschieden worden sei, liege nicht vor.

Die Beklagte ist der Ansicht, es liege eine zureichender Grund dafür vor, dass der Verwaltungsakt nicht habe innerhalb der gesetzlichen Frist beschieden werden können. Sie führt aus, dass sowohl sie als auch der Kläger einen Beratungstermin beim Reha-Fachberater für erforderlich gehalten hätten. Zuletzt habe der Kläger mitgeteilt, er könne nicht vor dem 20. April 2018 ein Fahrzeug führen. Nach Bewilligung der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme habe sie davon ausgehen dürfen, dass der Kläger während dieses Zeitraumes für einen Beratungstermin nicht zur Verfügung stehe. Er möge nunmehr mitteilen, wann er zur Verfügung stehe.

Der Kläger hat die medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Zeitraum vom 20. Juni bis 18. Juli 2018 absolviert. Auf eine erneute Einladung zum 2. August 2018 ist der Kläger nicht erschienen. Den Zugang dieser Einladung bestreitet der Kläger.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2018 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 8. November 2018 die Beendigung des Prozesses erklärt, da eine Untätigkeit nunmehr nicht mehr vorliege. Am 12. Dezember 2018 hat er die Kostenfestsetzung beantragt. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2018, eingegangen am 21. Januar 2018, hat er die Kostengrundentscheidung durch das Gericht begehrt.

Die Beklagte lehnt eine Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Klägers ab. Es erschließe sich nicht, weshalb der Kläger trotz der von ihm beantragten Terminsverschiebung zum Beratung...

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