Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.08.2022; Aktenzeichen B 2 U 147/21 B)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Beginn der geleisteten Verletztenrente umstritten.

Die am ... 1956 geborene Klägerin ist als Revierinhaberin und Jägerin bei der Beklagten versichert. Am 27. Mai 2017 stürzte sie von einem Jägerhochsitz und zog sich eine Calcaneusfraktur rechts zu. Der behandelnde Chirurg Dr. L. attestierte Arbeitsfähigkeit ab dem 8. Januar 2018. Dr. L. erstellte unter dem 25. April 2018 ein Rentengutachten, in dem er die MdE ab dem 8. Januar 2018 mit 30 v.H. einschätzte. Auf Nachfrage der Beklagten teilte er unter dem 23. Mai 2018 mit, die MdE habe vom 26. November 2017 bis zum 7. Januar 2018 40 v.H., anschließend bis zum 10. April 2018 30 v.H. betragen.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2018 erkannte die Beklagte den Unfall vom 27. Mai 2017 als Arbeitsunfall an. Ab dem 8. Januar 2018 erhalte die Klägerin Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 30 v.H. in Höhe von 210,89 € monatlich. Unfallverletzung sei ein Trümmerbruch des rechten Fersenbeines mit begleitender Innenknöchelfraktur und knöchernem Ausriss am Außenknöchel. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie sei im Hauptberuf als Beamtin privat krankenversichert. § 80a Abs. 2 SGB VII bestimme, dass für Personen, die als landwirtschaftliche Unternehmer pflichtversichert seien, eine Rente für die ersten 26 Wochen nach dem sich aus § 46 Abs. 1 SGB VII ergebenen Zeitpunkt nicht gezahlt werde. Der Beginn der Rentenwartezeit ergebe sich demnach im Regelfall aus § 46 Abs. 1 SGB VII. Das bedeute, dass maßgeblich der Tag sei, ab dem Arbeitsunfähigkeit festgestellt werde oder der Tag, an dem Heilbehandlungsmaßnahmen beginnen würden. Die Regelung des § 80a Abs. 2 SGB VII führe für die landwirtschaftlich Versicherten damit eine gesetzliche Wartezeit für den Rentenbezug von 26 Wochen ein und weiche damit von § 72 Abs. 3 SGB VII ab, der lediglich eine Wartezeit kraft Satzung von bis zu 13 Wochen vorsehe. Damit gehe § 80a Abs. 2 SGB VII als „lex specialis“ § 72 Abs. 3 SGB VII vor. Hier habe sich der Arbeitsunfall am 27. Mai 2017 ereignet; Arbeitsunfähigkeit habe vom 27. Mai 2017 bis zum 8. Januar 2018 bestanden. Danach beginne die Wartezeit am 27. Mai 2017 und ende nach 26 Wochen, d.h. am 25. November 2017. Der von der Beklagten berechnete Beginn der Verletztenrente sei daher unzutreffend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2018 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Klägerin sei im Hauptberuf Beamtin; die Dienstbezüge seien in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit weiter gezahlt worden. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die Beklagte der Klägerin Verletztenrente gewährt, die an dem Tag beginnt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld ende (§ 72 SGB VII). Entsprechend der Regelung des § 80a Abs. 2 SGB VII bestehe für landwirtschaftliche Unternehmer ein Anspruch auf Verletztenrente frühestens nach 26 Wochen nach Eintritt des Versicherungsfalles. Dabei handele es sich um einen frühestmöglichen Grundanspruch. Sofern jedoch ein Anspruch auf Verletztengeld bestehe, beginne die Rente mit dem Ende des Verletztengeldanspruchs. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit und der Dienstunfähigkeit im Beamtenrecht seien identische Begriffe. Aufgrund der vom Dienstherrn während der Arbeits-/Dienstunfähigkeit weiter gezahlten Dienstbezüge komme es gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII jedoch nicht zur Auszahlung des Verletztengeldes, obwohl der Grundanspruch auf Verletztengeld bestehe. Ein Rentenbeginn ab dem Ende der Wartezeit von 26 Wochen am 27. November 2017 könne daher nicht festgestellt werden. Die Rente beginne mit dem Wegfall der unfallbedingten Arbeits-/Dienstunfähigkeit und dem Ende des Anspruchs auf Fortzahlung der Dienstbezüge währenddessen. Dies sei der 8. Januar 2018.

Mit ihrer hiergegen am 30. November 2018 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruch wiederholt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2018, geändert durch Bescheid vom 26. April 2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr auch vom 27. November 2017 bis zum 7. Januar 2018 Rente als vorläufige Entschädigung in Höhe von 210,89 € monatlich zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Sie habe am 26. April 2019 den den Ausgangsbescheid abändernden Bescheid erlassen, wonach eine Peronealsehnenluxation als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung der Ka...

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